Samstag, 30. Dezember 2006

Auf dem Markt der Liebe

Markt, damit verbinden die meisten Menschen die Vorstellung von Ware gegen Geld. Diese Vorstellung ist zu eng. Der Markt ist einfach ein Ort des Austausches, bei dem Anbieter um die Gunst anderer Anbieter wetteifern. Denn derjenige, den wir als Kunden bezeichnen würden ist auch ein Anbieter, er bietet Geld an.
Ein Markt ist ein Ort, an dem Entscheidungen fallen. So muss der Kunde den Besitz eines von ihm erwählten Gutes durch den Verzicht auf all die anderen möglichen Alternativen erkaufen. Der Verkäufer muss sich fragen, ob er für das weggegebene Gut auch einen angemessenen Gegenwert erhält, ob es nicht Käufer gibt, die bereit gewesen wären mehr zu bezahlen.
Im Grunde tauscht der Kunde Optionen gegen ein konkretes Gut und der Verkäufer ein konkretes Gut gegen Optionen.
Auf dem Markt der Liebe verzichten beide auf ihre Optionen, um den Partner als konkretes Gut zu erhalten.
Austauschprozesse geschehen nicht im luftleeren Raum, dahinter stehen konkrete Bedürfnisse. Austauschprozesse kommen zustande, weil beide Parteien davon ausgehen, dass sie durch den Tausch mehr gewinnen als verlieren, eine Annahme, die bei Wertpapieren irgendwie nicht schlüssig ist, es seie denn eine der Parteien hätte ein akutes Liquiditätsproblem.
Bei der Partnerwahl geht es um Entscheidungen von weitreichender Konsequenz. Die falsche Wahl beeinträchtigt das Überleben bzw. die Art und Weise des Überlebens, ob Kinder entstehen und wie die Erfolgsaussichten dieser Kinder im Leben aussehen in besonderer Weise.
Darum sind diese Entscheidungen in unserem Betriebssystem tief verankert und was wir als Emotion wahrnehmen ist die Meinung des Zellhaufens, in dem wir existieren.

Der hier verlinkte Artikel aus der FAZ beschäftigt sich mit dem Thema der Partnerwahl. Er gehört zu der Reihe "Soziobiologie", die jedem als Lektüre nur empfohlen werden kann.

Zitat

Grundkurs in Soziobiologie (7)

Auf dem Markt der Liebe

Von Eckart Voland



Ewiges Mysterium: Welche Kriterien entscheiden die Partnerwahl?
15. August 2006
Männlich und weiblich sind zwei alternative Strategien, mit denen evolutionär erfolgreiche Gene ihr Weiterkommen in die nächste Runde der Evolution zu bewerkstelligen versuchen. Dies geschieht notwendig in einer komplexen Vernetzung von geschlechtlicher Kooperation und Konkurrenz, denn der Erfolg jeder der beiden Strategien hängt vom Verhalten jeweils der anderen ab. Mehr noch: Nicht selten wäre der Erfolg der einen Strategie auf Kosten der anderen zu erhöhen. In diesem Szenario haben sich Partnerwahlstandards herausgebildet, die jeweils zu einer „klugen“ (eher „quasiklugen“), also auf biologischen Erfolg hin angelegte Entscheidungen in Partnerwahlfragen hinwirken.

Partnerwahlentscheidungen maximieren den Zugang zur jeweils knappen Ressource, die das andere Geschlecht bevorratet, was konkret bedeutet, daß Männer vor allem jene Frauen sexy finden, die Indikatoren von Gesundheit und Fruchtbarkeit zu Markte tragen, während Frauen bei Männern eher nach Indikatoren der sozialen Plazierung suchen. Kurz: Macht, Geld, Ehrgeiz werden getauscht gegen Jugend.

Zitat Ende.

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