Dienstag, 11. September 2007

Wozu brauchen Kinder Väter?

Wozu brauchen Kinder Väter?
Die Bedeutung der Väter in Trennungs- und Scheidungsfamilien

Dr. Helmuth Figdor

Vortrag im Rahmen der Vortragsreihe „Väter“ des Förderkreises der Psychologischen Bara-tungsstelle Tübingen am 4. Oktober 2005 in Tübingen. - Dr. Helmuth Figdor ist Psychoanalytiker und Kinderpsychotherapeut sowie Universitätsdozent am Institut für Sonder- und Heilpädagogik der Universität Wien. Der nachstehende Text ist die vom Autor (geringfügig bearbeitete) schriftliche Fassung des Vortrages.
Er erscheint im 2. Band von H. Figdor, Praxis der psychoanalytischen Pädagogik. Vorträge und Aufsätze, im Oktober 2006 im Psychosozial-Verlag Gießen. Die Wiedergabe hier erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Psychosozial-Verlag, Gießen.
Copyright © 2006 by Dr. Helmuth Figdor und Psychosozial-Verlag, Gießen.


I.
Ich habe ein Problem.
Das wäre an und für sich nichts Besonderes und passiert mir wie Ihnen (leider) des öfteren, aber das Problem, das ich meine, hat mit meinem Vortrag zu tun: Auf den ersten Blick handelt es sich um einen Vortrag mit einem offenbar interessanten Thema, sonst wären Sie nicht so zahlreich erschienen. Aber ich liege wohl nicht falsch, dass sehr viele von Ihnen nicht aus einem bloß theoretischen Interesse heraus hierher gekommen sind, sondern weil Sie sich – aus verschiedenen Gründen – von diesem Thema persönlich betroffen fühlen. Das hat zur Folge, dass ich nicht einfach mit Ihrem Interesse oder Ihrer Neugier rechnen kann, sondern davon ausgehen muss, dass alles, was ich heute sage, Sie auch emotional berühren wird: Sie zuversichtlich stimmt oder traurig; zufrieden oder unglücklich; sie in Ihren bisherigen Ansichten und Ihrem Verhalten bestätigt oder – wenn das Gegenteil der Fall sein sollte – vielleicht auch spontanen Widerstand gegen meine Ausführungen provoziert.

Letzteres, der Widerstand, hat zwar vielleicht den unmittelbaren Vorteil, Sie vor jenen unangenehmen Gefühlen zu schützen, jedoch den Nachteil, dass er in gewisser Weise die Sinnhaftigkeit meines Vortrags in Frage stellen würde: Jene, die schon bislang so dachten, würden nichts Neues erfahren, und die anderen sich gegen die Auseinandersetzung mit Neuem, Abweichenden sperren.

Darum möchte ich Ihnen zu Beginn einen Vorschlag machen: Versuchen Sie, sich während meines Vortrages eine Frage nicht zu stellen: „Habe ich es (in der Vergangenheit bzw.
bisher) richtig oder falsch gemacht?“ Warum ich Ihnen diesen Vorschlag mache? Weil es sich um eine Frage handelt, die sich meiner Erfahrung nach bei Themen, die so eng mit dem eigenen Leben verknüpft sind wie unser heutiges Thema „Väter“, zwangsläufig immer einstellt, nichtsdestoweniger aber eine sinnlose und unnötige Frage ist:

• Erstens: Fast alle Mütter und Väter handeln – bewusst – nach bestem Wissen und Ge-
wissen. Moralische Verurteilungen oder Selbstbezichtigungen sind daher zumeist fehl am Platz! Aus welchen Gründen auch immer: Es ging (damals) wohl nicht anders. Sollten unter diesen Entscheidungen und Handlungen welche sein, die von einem pädagogischen Standpunkt und d.h. hier: vom Standpunkt einer gesunden psychischen Entwicklung aus gesehen1, als eher ungünstig zu bewer-
an dem, was geschehen ist, im nachhinein nichts mehr ändern, was aber keineswegs heißt, dass man gar nichts mehr machen kann. Es ist in der Pädagogik nie zu spät: Die Kinderseele ist in hohem Maß flexibel, sodass auch noch später negative Einflüsse oder Entbehrungen kompensiert bzw. nachgeholt werden können – und zwar bis ins Jugendlichen-Alter hinein. Und falls Sie da-

1 Zur „gesunden psychischen Entwicklung“ vgl. in: H. Figdor (2006b) die Einleitung, ferner darin Kap 1: Wieviel Erziehung braucht der Mensch? und Kap. 9: Das Unbewusste im Musizieren.

bei Hilfe benötigen sollten: Ich hatte die große Freude, den ganzen heutigen Tag mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der hiesigen psychologischen Beratungsstelle zu arbeiten und habe nicht nur ein überaus engagiertes, sondern ebenso hochkompetentes Team von Fachleuten kennen gelernt.

Es ist leicht möglich, dass einiges von dem, was ich Ihnen erzählen werde, auch schmerzliche Gefühle auslöst, die gar nichts mit Ihrer eigenen Mutter- oder Vaterschaft zu tun haben, sondern mit Wunden aus Ihrer längst vergangenen Kindheit, bzw. – es sind heute auch eine Reihe sehr junger Menschen hier – aus Ihrer Kindheit, die vielleicht noch gar nicht richtig zu Ende ist.
Natürlich tut es mir persönlich leid, wenn das geschehen sollte.

Allerdings: Es gehört zu den wichtigsten Voraussetzungen sowohl guter Elternschaft als auch professioneller pädagogischer Kompetenz, sich bewusst nicht nur mit den guten Seiten, sondern auch mit den Schattenseiten der eigenen Kindheit zu konfrontieren. Die Erinnerung ist Ihr Kapital, sich in Ihre oder die Ihnen anvertrauten Kinder einfühlen zu können, während die Verdrängung sehr oft dazu führt, unbewusst, also ohne es zu bemerken, an den eigenen Kindern zu wiederholen, woran man selbst in der Kindheit gelitten hat.

Kurz und gut: Hören Sie einfach zu, bewerten Sie nicht, was gewesen ist, fürchten Sie sich weder vor Einsichten noch eigenen Gefühlen. Benützen Sie vielmehr meinen Vortrag für die Frage: „Sollte ich in Zukunft etwas ändern?“ bzw., falls Sie noch gar nicht Mutter oder Vater sein sollten: „Worauf möchte ich später bei meinen Kindern achten?“

II.
Wozu also brauchen Kinder Väter?
Die Frage kann nach zwei Seiten hin ausgelegt werden.
Erstens: Wozu brauchen Kinder überhaupt Väter? Also: Brauchen sie sie eigentlich?
Und zweitens: Wozu genau brauchen Kinder Väter unbedingt?

Ich werde mich im Folgenden vor allem mit der 2. Frage (Wozu genau brauchen Kinder Väter unbedingt?) beschäftigen. Denn wenn sich herausstellen sollte, dass es sich bei den Funktionen, die dem Vater zukommen, um entwicklungspsychologisch bedeutsame Funktionen handelt, beantwortet sich die 1. Frage von selbst.

Beginnen wir also ganz von vorne.
Dass wir uns Fragen wie diese überhaupt stellen und darüber nachdenken, hängt mit zwei großen Entdeckungen Sigmund Freuds zusammen: dass die in der Kindheit gemachten Erfahrungen einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der späteren Persönlichkeit haben (seelische Probleme und Störungen miteingeschlossen); und dass dabei nicht nur das eine Rolle spielt, was wir bewusst denken, fühlen und erinnern, sondern an der Entwicklung wie auch an der Gestaltung unseres Alltags unbewusste Prozesse einen wesentlichen Anteil haben.

Wäre dem nämlich nicht so, wäre die Antwort ganz einfach: Wenn sich jemand anderer um die hinreichende Pflege und Förderung von Kindern kümmert, bedarf es nicht unbedingt eines Vaters (allerdings auch nicht unbedingt einer Mutter). Und wenn ein Kind nicht bewusst an seinen Vater denkt oder ihn gar vergessen hat, macht es ihm auch nichts aus. Für uns ist die Bedeutung der Kindheit und des unbewussten Seelenlebens eine Selbstverständlichkeit geworden, vor hundert Jahren waren das aber ganz revolutionäre Erkenntnisse.

Interessanterweise stand in der Frühzeit der Psychoanalyse, also vor dem 2. Weltkrieg, zu Freuds Lebzeiten, die Mutter-Vater-Kind-Triade im Zentrum der theoretischen Aufmerksamkeit, vor allem jene von inneren Konflikten geprägte Beziehungskonstellation zwischen dem 4. und 7. Lebensjahr, die unter dem Namen „ödipale Phase“ bzw. „Ödipuskomplex“ in den Wortschatz der Umgangssprache Eingang gefunden hat. Unter dem Einfluss einer Reihe von entwicklungspsychologischen, seelischen und gesellschaftlichen Faktoren kommt es etwa im vierten Lebensjahr zu einer geschlechtsspezifischen Akzentverschiebung in den emotionalen Beziehungen der Kinder.
Die Buben richten den größeren Teil ihrer zärtlichen und besitzergreifenden Strebungen (weiterhin) auf die Mutter, die Mädchen dagegen (von der Mutter weg) auf den Vater.

Angesichts der Liebesbeziehung zwischen den Eltern wird im Erleben des Kindes der gleichgeschlechtliche Elternteil somit zum Rivalen. Die gleichgeschlechtliche Objektbeziehung wird dadurch zu einem Feld massiver psychischer Konflikte, welche für die narzisstischen Bedürfnisse des Kindes (groß sein zu wollen) und seine Sicherheitsbedürfnisse (geborgen zu sein) eine eminente Gefahr bilden: denn der Bub liebt seinen Vater dennoch weiterhin und das Mädchen seine Mutter. Unter günstigen Umständen gelingt es den Buben schließlich, in einen Prozess zunehmender Identifizierung mit dem Vater, dem inneren Konflikt zwischen Liebe und Eifersucht und damit einem großen Teil der ödipalen Ängste zu entgehen. In gleicher Weise lösen die Mädchen den Ödipuskomplex durch die Identifizierung mit der Mutter. An die Stelle der Frage „Wen von uns beiden liebt die Mama bzw. der Papa mehr?“ tritt dann die Feststellung des Buben „Wir beide (Papa und ich) lieben die Mama und werden von ihr geliebt“ bzw. des Mädchens „Wir beide (Mama und ich) lieben den Papa und werden von ihm geliebt.“

Diese Identifizierung mit dem ödipalen Rivalen macht es den Kindern möglich, die Beziehung zum ödipalen Liebesobjekt zu sichern, freilich um den Preis einer mehr oder weniger vollständigen Verdrängung der die Liebesregungen der ödipalen Zeit begleitenden sexuellen Wünsche und Phantasien2. Mit dieser (post-)ödipalen Identifizierung geht eine entscheidende Weichenstellung in der Entwicklung der sexuellen Identität von Mädchen und Buben einher sowie die Verinnerlichung von Werten und Normen (das sogenannte „Über-Ich“), also der Kern dessen, was wir umgangssprachlich als Gewissen bezeichnen.

Etwa ab den 1940er Jahren verschob sich das Forschungsinteresse auf das erste Lebensjahr, wodurch die Mutter-Kind-Beziehung ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückte. Die Entdeckungen über das, was sich vom ersten Lebenstag an zwischen der Mutter und ihrem Baby abspielt3, waren so reichhaltig und zum Teil sensationell, dass in Laien-, aber teilweise auch in Fachkreisen4 allmählich die Ansicht Verbreitung fand: „Es wäre natürlich begrüßenswert, wenn ein Kind mit Mutter und Vater aufwachsen kann. Für eine gesunde psychische Entwicklung bedarf es jedoch in allererster Linie einer gute Mutter-Kind-Beziehung!“

Diese Ansicht blieb nicht ohne gesellschaftspolitische Auswirkungen: Das Sorgerecht unehelich geborener Kinder wurde automatisch den Müttern übertragen; die alleinige Sorge eines Elternteils – fast immer der Mutter – wurde zum Standardmodell pflegschaftsgerichtlicher Entscheidungen bei der Scheidung der Eltern; und das Besuchs- bzw. Umgangsrecht wurde als Recht der Väter, nicht aber als pädagogische Notwendigkeit, also als Recht der Kinder, definiert.

Die Folgen waren beträchtlich: Gut 40% der Kinder, deren Eltern sich scheiden ließen, hatten drei Jahre nach der Scheidung überhaupt keinen Kontakt mehr zu ihren Vätern, 75% (!) keinen regelmäßigen.
Die Auswirkungen blieben aber nicht auf den

2 Der Ödipuskomplex ist ein überaus komplexes psychisches Geschehen, von welchem ich hier nur den „Hauptstrom“ skizziert habe. Daneben existiert noch der, üblicherweise schwächer ausgebildete „negative Ödipuskomplex“, d.h., das Kind betrachtet auch den gegengeschlechtlichen Elternteil als Rivalen in seiner weiter bestehenden Liebe zum gleichgeschlechtlichen Elternteil. Schließlich finden die ödipalen Wünsche der Kinder eine Ergänzung in (unbewussten) ödipalen Phantasien der Eltern. Diese erotischen Übertragungen der Eltern auf ihre Kinder werden besonders bedeutungsvoll, wenn der Partner als Liebes- und Sexualobjekt wegfällt. Zu den sexuellen Wünschen und Phantasien der Kinder vgl. H. Figor (2006a), Kap. 4: Über die Sexualität der Kinder.
3 Vgl. dazu H. Figdor (2006a), Kap. 2: Die ersten drei Jahre.
4 Vgl. z.B. Goldstein/Freud/Solnit (1979).

Bereich Scheidung/Trennung beschränkt. Die 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts war durch einen spürbaren Rückzug der Väter von erzieherischer Verantwortung geprägt. Kinder und Erziehung galt für beide Geschlechter als unbestrittene Kompetenz der Mütter, und das ausgerechnet in einer Zeit, in welcher die Frauen um Emanzipation im öffentlichen Bereich kämpften, wodurch sich ihre Belastung noch erhöhte.

Dass dieser Rückzug der Väter nicht nur in einer (traditionellen) familiären Arbeitsteilung – für das Geldverdienen sind die Väter, für Haushalt und Erziehung die Mütter zuständig – wurzelte, sondern mit einem geschlechtsspezifischen Rollenverständnis zu tun hat, zeigt sich unter anderem auch daran, dass dieser „Rückzug von den Kindern“ auch im professionellen Bereich stattfand. Wo gibt es heute noch männliche Volks- bzw. Grundschullehrer? Auch die Lehrer in den Hauptschulen und Gymnasien sind überwiegend weiblich. Bilden die Männer bei den Ärzten immer noch die stattliche Mehrheit, sind die meisten Kinderärzte Frauen. Und – zumindest in Österreich – stößt man auf größte Probleme, sucht man für ein Kind einen männlichen Kinderpsychotherapeuten. In meiner Einführungsvorlesung für Studierende der Erziehungswissenschaft sitzen etwa 400 Hörer, unter ihnen weniger als 20 männliche.

Nun hat sich freilich in den letzten 15 bis 20 Jahren diesbezüglich einiges geändert. Den sichtbarsten Ausdruck fand diese Veränderung in der Familiengesetzgebung zahlreicher Länder. Das gängige Modell des alleinigen Sorgerechts eines Elternteils wich dem Modell der gemeinsamen Sorge: In Deutschland teilen sich 5 Jahre nach der Einführung des neuen Kindschaftsrechts 1970 mehr als 70% der Eltern, die sich heute scheiden lassen, das Sorgerecht; die Rate der Beziehungsabbrüche zwischen Kindern und Vätern, die auch nach der Scheidung sorgeberechtigt bleiben, ist in Scheidungsfamilien mit gemeinsamer Sorge sensationell auf etwa 15% zurückgegangen5.

Jüngere Forschungen lassen erkennen, dass sich immer mehr Väter aufgerufen fühlen, am Leben und an der Erziehung ihrer Kinder größeren Anteil zu nehmen – auch wenn man Quantität und Tempo dieser Neuorientierung nicht überschätzen sollte.

Diese Veränderungen haben ihre Grundlage in einer bedeutsamen Neuorientierung der psychologischen und pädagogischen Forschung. Die Systemtheorie (Familientherapie) machte uns darauf aufmerksam, dass das Schicksal von Zweierbeziehungen nicht nur von der Begegnung dieser beiden Menschen, sondern auch vom umgebenden Beziehungssys-

5 Vgl. Proksch (2002); Eine ähnliche Entwicklung zeichnet sich auch in Österreich ab (vgl. Fig-dor/Barth-Richtarz (2006), Barth-Richtarz (2006))

tem geprägt wird; Psychoanalytiker, die sich mit der frühen Mutter-Kind-Beziehung beschäftigten, erkannten, dass für die Entwicklung, aber auch für die Güte dieser Beziehung dem Vater als „drittes Objekt“ eine wesentliche Funktion zukommt6, schließlich verdanken wir der Scheidungsforschung zahlreiche Einsichten über die Folgen des Vaterverlustes und dadurch indirekt wiederum über die Bedeutung von Vätern, die für ihre Kinder verfügbar sind7.

Will man die Erkenntnisse der jüngeren Forschung im Hinblick auf die leitende Frage meines heutigen Vortrages – Wozu brauchen Kinder Väter? – zusammenfassen, so ließe sich formulieren: Eine gute Vater-Kind-Beziehung bietet zwar ebenso wenig eine Garantie für eine gesunde psychische Entwicklung wie eine gute Mutter-Kind-Beziehung. Schließlich gibt (und gab es immer) auch bei Kindern, die in sogenannten intakten Familien aufwuchsen, seelische Probleme; schließlich entdeckte Freud die Mechanismen der Neurosenentstehung nicht an Patienten, die aus Scheidungsfamilien kamen.

Aber eines lässt sich mit Sicherheit sagen: Ohne eine gute Beziehung zu Mutter und Vater ist eine gesunde psychische Entwicklung nicht denkbar. Oder anders ausgedrückt: Ein funktionierendes Beziehungsdreieck zwischen Mutter, Vater und Kind ist – selbst wenn sich Mutter und Vater als Paar getrennt haben sollten – zwar noch keine hinreichende, jedenfalls aber eine notwendige Voraussetzung für eine gesunde Entwicklung der Kinder.
Ich traue mich zu behaupten, dass unter allen gegenwärtigen Fachleuten, die sich mit der „Väter-Frage“ wissenschaftlich seriös auseinandergesetzt haben, über diesen Befund Übereinstimmung herrscht.

Ich werde versuchen, in der Kürze der Zeit, die mir zur Verfügung steht, Ihnen wenigstens einen Eindruck von den vielfältigen Funktionen des Vaters zu vermitteln, sodass Sie meiner Behauptung von der Wichtigkeit der Väter nicht nur mehr oder weniger Glauben schenken müssen, sondern vielleicht auch etwas von dem spüren können, was „der Papa“ für das heranwachsende Mädchen und den heranwachsenden Buben bedeutet.

III.
Zunächst ist es sinnvoll, zwei Arten von Funktionen des Vaters zu unterscheiden:

• die Bedeutung des Vaters als „drittes Objekt“, also als zweiter (andersgeschlechtlicher) Erwachsener, der die ursprünglich na-

6 Vgl. z.B. H. Figdor (2006b), Kapitel 2: Die ersten drei Jahre.
7 Vgl. z.B. Fthenakis (1988), Grieser (1998), Petri (1999).


hezu exklusive Diade (= Zweierbeziehung) zwischen Mutter und Kind allmählich zu einer Triade (= Drei-Personen-Beziehung) erweitert. Ich bezeichne sie als die strukturelle Bedeutung des Vaters.

• die Bedeutung des Vaters als (bewusst erlebte) Bezugsperson des Kindes, die Bedeutung der „Objektbeziehung“ zum Vater.

Die „frühe Triangulierung“
Eine Mutter sucht mich in meiner Praxis auf. Sie berichtet von nicht enden wollenden Kämpfen mit ihrem 4jährigen Sohn Ricki, der keinerlei Grenzen akzeptiert, Wutanfälle bekommt, wie man sie höchstens von Zwei- bis Dreijährigen („Trotzalter“) kennt. Sie wirkt völlig überlastet und verzweifelt. Ich frage sie, ob es auch Probleme mit der Sauberkeit gäbe – ein häufiges Begleitsymptom derartiger Beziehungsschwierigkeiten – und sie bestätigt, dass er fast jede Nacht das Bett nass mache.

Wenn ich von Problemen dieser Art höre, ist meine erste Assoziation: Diesem Kind stand (spätestens ab dem 2. Lebensjahr) kein emotional und einigermaßen kontinuierlich erreichbarer Vater zur Verfügung. In geschätzten sieben von zehn Fällen trifft sie zu8. (Häufig kommt hinzu, dass es sich um Kinder handelt, die übermäßig lang von ihren Müttern gestillt wur-den.9) So auch diesmal. Die Mutter hatte sich schon vor der Geburt vom Vater getrennt und die spärlichen Kontakte zwischen Vater und Sohn rissen kurze Zeit nach dem ersten Geburtstag ab. Wie aber ist dieser Zusammenhang zu erklären? Das Kind hat doch seinen Vater nie richtig kennen gelernt, verlangt auch nicht nach ihm!

Die Antwort darauf ist in der strukturellen Bedeutung des Vaters für die Entwicklungsaufgaben, vor die sich das Kind in den ersten drei Lebensjahren gestellt sieht, zu suchen. Als drittes Objekt ist er ein unerlässlicher Unterstützer und Katalysator der allmählichen Loslösung des Kindes aus der symbiotischen Verschmolzen-

8 Nimmt man sich der emotionalen Probleme dieser Kinder nicht an – etwa im Rahmen einer Erziehungsberatung – entwickeln übrigens viele von ihnen, ganz besonders Buben, eine Symptomatik, die später von Psychologen als „ADS“ oder „ADHS“ (Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitäts-Stö-rung) diagnostiziert wird. Das Verhalten dieser Kinder wird heute vorschnell genetischen Ursachen angelastet, also als „Krankheit“ betrachtet und in überaus bedenklicher Weise zunehmend mit Psychopharmaka („Ritalin“) behandelt. (Vgl. dazu u.a. Bo-vensiepen/Hopf/Molitor 2002)
9 Vgl. H. Figdor (2006b), Kapitel 2: Die ersten drei Jahre.


heit mit der Mutter (in den ersten drei Lebensmonaten) bis hin zu dem Bewusstsein, in der Mutter zwar ein Liebesobjekt zu haben, aber als „Ich“ eine von ihr unabhängige Existenz zu führen (etwa mit 3 Jahren). Das bedeutet unterscheiden zu können, zwischen dem, was ich (als Kind) will und dem was du (die Mutter) willst; was meine Gefühle sind und welche Gefühle zu dir gehören; was auch heißt, auf meine Illusion meiner Macht über dich (bzw. das sym-biotische „uns“) zu verzichten, weil du ebenso unabhängig von mir bist wie ich von dir; und mir sicher zu sein, dass du weiterhin in Liebe zu mir existierst, auch wenn du gerade nicht hier, also von mir getrennt bist. Rickis Verhalten macht ganz deutlich, dass er diese Entwicklungsstufe noch nicht erreicht hat.

Um besser zu verstehen, wieso für diese Entwicklung der Vater so wichtig ist, eignet sich ein Bild, das der englische Psychoanalytiker Abelin von dieser Zeit der Loslösung aus der MutterKind-Symbiose zeichnete, besser als jede theoretische Erklärung.
Er vergleicht die Mutter mit einem sicheren Hafen, in dem man alles hat, was man zum Leben braucht und zudem von der Unbill des Wassers und der See geschützt ist. Jeder Seemann aber wird mit der Zeit unruhig, denn die Weite des Meeres, der Welt übt einen immer größeren Reiz aus. Doch ist die eigene Ausstattung – vielleicht ein Ruderboot – viel zu gering und der Ozean viel zu weit und unberechenbar. Wenn nun aber der Bucht, in welcher sich der Hafen befindet, eine Insel vorgelagert wäre – nicht allzu weit entfernt, mit ähnlicher Vegetation, voraussehbarem Wetter – dann könnte ich es wagen, hinzurudern, ohne allzu große Angst haben zu müssen. Und ich kann jederzeit, wenn mir danach ist, wieder zurückrudern. Als solch eine Insel müssen wir uns den Vater vorstellen. Auf diese Weise, „ganz al-lein“ zwischen Mutter und Vater hin- und her„rudernd“, vermag ich mich schon als richtiger (See)Mann zu fühlen. Fehlt hingegen diese Möglichkeit, diesen ersten Schritt in die Welt zu wagen, bleibe ich im Hafen = Mutterschoß gefangen, während mein Wünschen und Streben hinausgerichtet ist. Und so kann es leicht geschehen, dass ich beginne, gerade jenen Ort, der mir immer alles geboten hat und noch bietet, nicht nur zu lieben, sondern zugleich (oder abwechselnd) zu hassen.

Die ödipale Triangulierung
Es versteht sich von selbst, dass bei den meisten ganz kleinen Kindern, die (im Vergleich zur Mutter) zum Vater noch keine intensive Objektbeziehung aufgebaut haben – es gibt aber hier von Familie zu Familie sehr große Unterschiede –, jene strukturellen Funktionen im Vordergrund
stehen. Diese spielen aber auch in der Folge eine große Rolle. Von der ödipalen Phase war vorhin schon kurz die Rede. Zu ergänzen wäre, dass diese Zeit zwischen dem 4. und 7. Lebensjahr für die Kinder nicht nur durch schwierige innere Konflikte und daraus resultierende Ängste geprägt ist, sondern diese Phase, mit all ihren Belastungen, für die künftige Persönlichkeitsentwicklung der Kinder von großer Bedeutung ist. Mit ca. 6 Jahren – also noch vor dem Schulbesuch – hat das Kind gelernt,

  • wie man mit den Konflikten, die sich ergeben, wenn man zu mehr als einer Person eine Liebesbeziehung unterhält, umgehen kann;
  • dass man nicht untergeht, wenn die geliebten Personen auch untereinander eine Liebesbeziehung haben, ich mich also vorübergehend ausgeschlossen fühle;
  • dass ich an Stärke, Selbstvertrauen und Autonomie gewinne, indem ich mich mit den Großen identifiziere;
  • wodurch die Überzeugung „Auch ich werde eines Tages so groß, schön, gescheit, unabhängig und frei von Angst sein wie die Mama bzw. der Papa“ zu einem Teil des Selbstbildes wird;
  • mit dem Ergebnis, dass nicht nur die Gegenwart, die ja primär durch meine Unterlegenheit gekennzeichnet ist, zählt, sondern die Zukunft, also das, was ich einmal sein werde, zu einem wichtigen Teil auch meines gegenwärtigen Lebens wird, woraus sich bedeutsame emotionale Konsequenzen ergeben: dass ich Zukunft habe tröstet über die Gegenwart; dass ich groß sein werde, verringert den inneren Zwang, hier und jetzt mit aller Kraft gegen die überlegenen Erwachsenen kämpfen zu müssen; schließlich richtet sich auch mein Ehrgeiz auf alles, was mit Zukunft und Großwerden zu tun hat – und dazu gehört nicht zuletzt das schulische Lernen.

Es bedarf wohl kaum einer weiteren Argumentation, um sich vorstellen zu können, dass diese wichtigen Schritte der Persönlichkeitsreifung dem Kind bei Abwesenheit des Vaters weit schwerer fallen10.

Die Entlastung der mütterlichen Objektbeziehung
Eine weitere strukturelle Funktion des Vaters möchte ich nicht unerwähnt lassen. Die Entlastung der Mutter-Kind-Beziehung von Konflikten auch über den Individuationsprozess der ersten Jahre hinaus.
Eine Szene, die alle, die mit Kindern zu tun

10 Zur ödipalen Entwicklung bei real abwesenden Vätern vgl. H. Figdor (1991).

haben kennen: Die Tochter – nennen wir sie Mara, 9 Jahre alt – ist mit ihrer Mutter zusammengekracht. (So etwas passiert, Gründe dafür gibt es hunderte: Die Welt, die wir unseren Kindern bieten (müssen), gerät mehrmals täglich in Konflikt mit dem, was Kinder gerne hätten oder täten.) Warum auch immer, Mara ist stinksauer auf ihre Mutter und zwar (aus ihrer Sicht) zurecht. Die Mutter sieht das natürlich anders, will sich das Aufbegehren ihrer Tochter nicht länger gefallen lassen und schickt sie (aus ihrer Sicht) zurecht in ihr Zimmer, andernfalls könne sie das morgige Fest bei ihrer Freundin in den Wind schreiben. Brüllend und Türen knallend verschwindet Mara in ihrem Zimmer. Dort schmiedet sie Rachepläne: Sie wird mit ihrer Mutter kein einziges Wort mehr reden, sie wird schon sehen! Sie wird auch nichts mehr anrühren, was ihre Mutter gekocht hat! Vielleicht geht sie einfach nicht mehr in die Schule, und dann kommt die Mutter ins Gefängnis, weil sie der Schulpflicht für ihre Tochter nicht nachkommt. Oder aber sie steigt der Mutter das nächste Mal auf den Fuß, was ihr besonders weh tut, weil sie Hühneraugen hat…. Von Idee zu Idee wird Mara größer und mächtiger, bis es ihr so richtig gut geht. Sie beschließt, ein Bild zu malen, von einer mächtigen, bösen Prinzessin, die alle, die ihr Böses wollen, in Bäume verzaubert. Nach einer halben Stunde ist sie fertig. Allerdings gerät ihr die Prinzessin inmitten eines freundlichen Waldes ganz lieblich, was Mara inzwischen aber gar nichts ausmacht. Sie findet ihr Bild überaus gelungen und tut, was sie immer tut, wenn sie etwas Schönes gezeichnet oder gemalt hat: Sie zeigt es ihrer Mutter. Diese – auch ihre Wut ist inzwischen verraucht – ist froh, dass ihre Tochter „nicht mehr spinnt“, bewundert das Bild, worauf Mara es ihr zum Geschenk macht…
So weit, so gut. Aber was hat das mit dem Vater zu tun? Nun, Mara hat sich für eine begrenzte Zeit ihrer Mutter emotional völlig entledigt, jedenfalls als Objekt ihrer zärtlichen Zuneigung. Ja, sie ist in ihrer Wut sogar gewillt, sie ins Gefängnis zu schicken. Wenn man bedenkt, wie abhängig Mara von ihrer Mutter ist, wie sie sie eigentlich liebt, sind diese aggressiven Phantasien, psychologisch betrachtet, eine enorme Leistung. Dazu war jedoch Mara nur in der Lage, weil alle ihre Rachephantasien von einem entscheidenden Gedanken getragen waren, den ich Ihnen bei der vorhergehenden Schilderung verschwiegen habe: „Ich brauch die Mama überhaupt nicht, ich hab ja den Papa! Und der liebt mich wirklich!“ Ohne diesen tröstlichen Gedanken, hätte sie die Verstimmung mit der Mutter, die ja dann „der einzige Mensch auf der Welt ist, den ich habe“, zutiefst bekümmern und ängstigen müssen.

Das aber ist genau die emotionale Konfliktsituation, die früher oder später dazu führt, Konflikte aus Angst vor Beziehungsverlust zu vermeiden, Enttäuschung und Ärger hinunterzuschlucken (zu „verdrängen“, wie wir das psychoanalytisch ausdrücken). Das führt entweder zu einer Überanpassung der Kinder11 oder zu einem Wechselbad zwischen harmonischer Zärtlichkeit zwischen Mutter und Kind und zeitweisen, besonders heftigen Explosionen, wenn dem Kind die Verdrängung nicht mehr gelingt. Man kann sich das wie einen Druckkochtopf vorstellen, dessen Ventil nicht spontan auf den Druck reagiert, sodass immer wieder ein bisschen Dampf abgelassen werden kann, sondern zugedreht ist, dann aber von Zeit zu Zeit der Deckel in die Luft fliegt.

Mara hingegen kann ihre Wut unterbringen (Dampf ablassen): zuerst durch reales Aufbegehren, dann in der Phantasie (in ihren Rachegedanken) und schließlich – in einem Zustand von Autonomie und angstfreiem Stolz – symbolisch durch kreatives Gestalten (Malen). Und das alles durch die bloße Existenz des Vaters, der gar nicht anwesend sein muss und von all dem überhaupt nichts weiß. Übrigens erfüllt er diese Funktion wahrscheinlich nicht nur für Ma-ra: Nachdem Mara türenknallend in ihrem Zimmer verschwunden war, kann sich die Mutter ausmalen, wie sie abends ihrem Mann ihr Leid klagen würde, wie dieser ein ernstes Wort mit der Tochter spricht usw. Auch für sie funktioniert der Vater als eine Art emotionales Ausweichgleis, als konfliktmilderndes „drittes Ob-jekt“, das ihr wie auch Mara ermöglicht, mit ihrer liebevollen Beziehung dort fortzufahren, wo sie vor einer halben Stunde unterbrochen wurde.

Der Vater als Liebes- und Identifizierungsobjekt
Ihrem Empfinden vertrauter werden wohl jene Bedeutungen des Vaters sein, die sich aus der unmittelbaren Beziehung des Kindes zu ihm ergeben. Spätestens ab dem 4. Lebensjahr nimmt die Attraktivität des Vaters rasant zu. Besonders die Mädchen entwickeln gegenüber den Vätern eine zärtliche, zumeist leidenschaftliche Zuneigung. Wenn einige meiner weiblichen Zuhörerinnen sich an jene frühe Liebe zu ihrem Vater nicht erinnern können, so heißt das keinesfalls, dass sie nicht stattgefunden hat: denn gerade die Gefühle und Phantasien der ödipalen Zeit verfallen etwa ab dem 6., 7. Le-

11 Zu den Gefahren einer aus Angst geborenen Anpassung vgl. H. Figdor (2006b), Kap. 1: Wieviel Erziehung braucht der Mensch?

bensjahr der Verdrängung. Wenn Sie sich heute (hoffentlich!) als Frau erleben, die Männern gegenüber zärtliche und erotische Gefühle entwickeln kann, die über bloße sexuelle Anziehung hinausgehen, dann schöpfen sie unbewusst aus dieser ödipalen Quelle. (Freilich wäre es auch denkbar, dass Ihr „Reservoir zärtlicher Liebe“ ausschließlich aus Ihrer frühen MutterBeziehung stammt. Ich komme auf diese Variante gleich zu sprechen.)

Für Mütter ist dieser Wechsel der Bevorzugung oft schwer zu verkraften, und sie suchen irrtümlicherweise nach einer Störung in der Beziehung zur Tochter, reagieren gekränkt, und/oder mit Rückzug oder Aggression. Aber keine Angst: Es ist ganz normal und mit 6 oder 7 Jahren kommt Ihr Töchterchen wieder „zu-rück“! Allerdings kommt es auch vor, dass Mädchen ihre ödipale Liebe nicht offen zeigen, speziell dann, wenn die Väter selten anwesend sind oder ihrerseits nicht offensiv auf ihre Töchter zugehen.

Solch ein Verhalten sollte uns eigentlich gar nicht so besonders befremden. Mir fällt dazu ein Jugenderlebnis ein. Ich war ca. 16 Jahre alt und verfiel einem Mädchen aus der Parallelklasse, mit der ich zweimal pro Woche in einer freiwilligen musikalischen Übung zusammentraf. Ich „schaffte“ es ein ganzes Jahr lang, jedes Mal schräg hinter ihr zu sitzen, sie die ganze Stunde hindurch begehrlich anzusehen – natürlich so, dass sie es nicht bemerkte –, ohne jemals ein Wort an sie zu richten. Dann war sie eines Tages verschwunden, weil sie in eine andere Schule wechselte. Sie hat nie erfahren, dass sie monatelang der Gegenstand der Träume eines Schulkameraden war…

Auch Buben lieben ihre Väter, doch ihre Liebe ist weit weniger von der zärtlich-leidenschaftlichen Art der Mädchen – diese Gefühle richtet der Bub weiterhin auf die Mutter –, sondern ist vielmehr von der Sehnsucht und dem Ehrgeiz geprägt, so zu werden wie der Vater. (Zwar habe ich vorhin davon gesprochen, dass die Identifizierung der Buben mit ihren Vätern, wie auch die Identifizierung der Mädchen mit den Müttern, die ödipale Phase im 6., 7. Lebensjahr abschließt, doch ist das, was wir in der Psychoanalyse mit „Identifizierung“ bezeichnen, natürlich kein punktuelles Geschehen – etwa in dem Sinn, dass die Buben/Mädchen abends „unidentifiziert“ ins Bett gingen und am nächsten Morgen mit ihren Vätern/Müttern identifiziert aufwachen würden.

Vorläufer von Identifizierungen finden wir schon in den ersten zwei Lebensjahren. Es handelt sich um einen allmählichen Prozess, der im 6., 7. Lebensjahr lediglich seinen Abschluss findet.) Wie furchtbar, in dieser Situation vom Vater „verlassen“ zu werden. Dabei besteht die Tragik, wie wir gleich sehen werden, nicht nur im Verlust des wichtigsten oder zweitwichtigsten Menschen.

Der Vater als Teil der geschlechtlichen Identitätsfindung
Was heißt „sexuelle Identitätsfindung“? Darunter ist die Gesamtheit der bewussten wie unbewussten Vorstellungen darüber zu verstehen, was es heißt, „ein Bub“ oder „ein Mädchen“ zu sein, was es heißt „ein Mann zu werden“, „eine Frau zu werden“. Dass Väter für die sexuelle Identitätsfindung ihrer Söhne bedeutungsvoll sind, hat sich zum Teil schon herumgesprochen. Aber sie sind für jene der Mädchen nicht minder wichtig. Denn das, was man mit Erik E. Erikson Identitätsgefühl nennt12, also auch das sexuelle Identitätsgefühl, setzt sich aus drei Komponenten zusammen:

Zum einen sind da die vom Kind an einem geliebten Objekt wahrgenommenen Eigenschaften. Das Kind möchte also so aussehen, reden, sich bewegen, sein wie die Mama oder Papa. Es möchte einmal so groß, so schön, so gescheit werden wie Mama oder Papa und „arbeitet“ schon jetzt daran. Psychoanalytisch gesprochen identifiziert sich das Kind mit seinen Eltern. Und ab dem Eintritt in das ödipale Alter gewinnt der gleichgeschlechtliche Elternteil als „Identifizierungsobjekt“ immer größere Bedeutung, also der Vater für die Buben und die Mutter für die Mädchen.
Daneben gibt es jedoch – wenngleich meist unbewusst – auch eine gegengeschlechtliche Identifizierung. Mit anderen Worten: Buben nehmen immer auch Eigenschaften ihrer Mutter und Mädchen Eigenschaften ihrer Väter in sich auf. Eine einigermaßen gut funktionierende Mutter-Vater-Kind-Triade gewährleistet unter anderem auch ein gewisses Gleichgewicht von „männlichen“ und „weiblichen“ Persönlichkeitsanteilen.
An die dritte Komponente des Identitätsgefühls wird seltener gedacht: Das Kind identifiziert sich nicht nur mit wahrgenommenen Eigenschaften seiner Eltern, sondern auch mit der Beziehung, die die Eltern ihrerseits zu ihm haben oder richtiger ausgedrückt: mit der Vorstellung, die sich das Kind von der Beziehung seiner Eltern zu ihm macht:

• Wenn ich als Kind das Gefühl habe, Mama oder Papa liebt mich, fühle ich mich liebenswert und mag mich auch selbst.
• Wenn ich das Gefühl habe, die Mama oder Papa ist stolz auf ihre Tochter/ihren Sohn, dann fühle ich mich als „richtiges Mädchen“, als „richtiger Bub“ und bin selbst auf mich und mein Geschlecht stolz.
Ebenso verhält es sich, wenn sich diese Eindrücke nicht auf mich, als „ganzes“ Kind, sondern selektiv auf bestimmte Seiten meiner Person beziehen. Wenn ich also das Gefühl habe,

12 Erik H. Erikson (1959).

Mama oder Papa lieben mich nur, wenn ich „brav“, „anschmiegsam“, „selbständig“, „stark“, „männlich“, „weiblich“, „vernünftig“, „emotional“, „vergnügt“, „leidend“ usf. bin,
• werde ich entweder mich nicht mögen können, wenn ich „nicht brav“, „nicht an-schmiegsam“, „nicht selbständig“ usw. bin und diese Seiten meiner Persönlichkeit allmählich verlieren (verdrängen);
• oder ich kämpfe beständig dagegen an, weil ich sein und immer geliebt werden will, wie ich bin. Wenn sich die Erwartungen der Eltern bzw. meine Vorstellung von ihren Erwartungen dann nicht ändern, besteht die Gefahr, dass ich das Gefühl, geliebt und willkommen, also liebenswert und attraktiv zu sein, völlig verliere.

Man könnte auch sagen, die Eltern fungieren als eine Art Spiegel meiner selbst, und da ich keinen anderen Spiegel zur Verfügung habe, muss ich annehmen, dass das, was ich in diesem Spiegel sehe, tatsächlich „Ich“ bin. D.h., ich identifiziere mich mit diesem Spiegelbild. Sie können sich nun unschwer vorstellen, was es bedeutet, wenn mir als Bub oder Mädchen der Vater als positives Identifizierungsobjekt, aber auch als „Spiegel“ fehlt.

Als Bub
• vermisse ich das männliche Modell, an dem ich mich orientieren könnte, und zwar sowohl für die Gegenwart als auch im Hinblick darauf, dass aus mir einmal „ein richtiger Mann“ wird;
• das erschwert mir aber auch die Identifizierung mit mütterlichen Anteilen, denn die Mutter ist ja (sexuell) das Andere, das Nicht-wie-ich. Männlich kann ich mich demnach nur fühlen, wenn ich anders bin, was auch das Nichtbefolgen der von ihr ausgehenden Regeln und Grenzen betrifft (übrigens der Hauptgrund, warum unter den sogenannten „verhaltensauffälligen“ Kindern hauptsächlich Buben sind, werden doch die Regeln, gegen die sie verstoßen, in der überwiegenden Mehrzahl von Frauen (Erzieherinnen, Lehrerinnen) repräsentiert. 13)
• Es fehlt mir der Vater als „Spiegel“, als Versicherung, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Aber nicht nur das: Sollte der Vater nicht bloß nicht existieren, sondern verloren worden sein – z.B. im Zuge einer Trennung oder Scheidung der Eltern – wird die Sache noch schlimmer: Kinder, ja selbst noch manche Jugendliche, erleben die Trennung der Eltern auch oder sogar in erster Linie so, dass dem Elternteil, mit dem man nicht mehr lebt, also zumeist dem Vater, an mir nicht mehr genug gelegen wäre, ich also nicht hinreichend liebenswert bin, nicht genüge;

13 Vgl. dazu auch H. Figdor (2006a), Kap. 11: Mythos Verhaltensstörung: Wer stört wen?

• schließlich wirkt sich seine Abwesenheit aber auch auf mein Bild aus, das ich vom weiblichen Geschlecht bzw. von heterosexuellen Beziehungen in mir aufbaue. Stellen Sie sich vor, was es für den künftigen Mann bedeutet, mit der Beziehung zwischen Mann und Frau nur die Beziehung zwischen dem kleinen Bub und der mächtigen Mutter zu assoziieren: Bin ich mit meiner Partnerin in gutem Einvernehmen, komme ich ihren Wünschen entgegen, fühle ich mich (zumeist natürlich unbewusst) klein, machtlos, unmännlich, „impotent“ (manchmal freilich im wörtlichen Sinn). Männlich hingegen fühle ich mich nur, wenn es mir – wie seinerzeit als „verhaltensauffälliges“ Kind – gelingt, die Frau zu dominieren. (Keine gute Voraussetzung für partnerschaftliche, emanzipierte Beziehungen!)

Und die Mädchen? Dem Mädchen, das ohne lebendige, intensive Beziehung zu seinem Vater aufwächst,
• fehlt die Möglichkeit, sich auch mit Eigenschaften, die man gemeinhin als „männlich“ bezeichnet, und eher von Vätern als Müttern repräsentiert werden, zu identifizieren;
• es geht ihnen aber auch das alltägliche Vertrautsein mit „dem Männlichen“ ab, was leicht dazu führt, dass später Männer zwar sexuell und als „das Andere“ durchaus attraktiv sein können, eigentlich aber exotische Wesen bleiben. Wie wir wissen, kann das Exotische sehr anziehen, aber es macht zugleich angst und unsicher;
• schließlich fehlt auch ihnen der Vater als Spiegel. Und das bedeutet bei Mädchen, dass ihnen unter Umständen die selbstverständliche Gewissheit, als Mädchen (Frau) für den Vater (Mann) liebenswert und attraktiv zu sein, abgeht. Und auch bei Mädchen wirkt sich in dieser Hinsicht die Scheidung bzw. Trennung der Eltern – die Kinder, wie erwähnt, als Verlassenwerden erleben – nachhaltig aus: Welch eine emotionale Hypothek hat die (künftige) Frau mit sich herumzuschleppen, wenn die Erinnerung an den ersten Mann, dem sie in zärtlicher Liebe zugetan war, durch das Erlebnis geprägt ist, von ihm verlassen worden zu sein. So wie bei den Buben das Gefühl „nicht genug (liebenswerter) Mann zu sein“ zu einem Bestandteil des lebenslangen Identitätsgefühls werden kann, ist das bei Mädchen – bewusst oder unbewusst – nicht selten das Gefühl „Ich bin als Frau nicht liebenswert und attraktiv genug, (von einem Mann) nicht verlassen zu werden.“ Woraus sich zwangsläufig eine starke Neigung zur Anpassung bzw. Unterwerfung ergibt, also das „ideale“ Gegenstück zur (ebenso angstgesteuerten) Dominanzneigung der Männer.

Von allem anderen abgesehen führen diese Auswirkungen der Vaterentbehrung auch auf Seiten der Mädchen zu tief verinnerlichten, großteils unbewussten Vorstellungen, die eine Fortschreibung traditioneller Beziehungsmuster zwischen Männern und Frauen begünstigen. Ohne provozieren zu wollen: In (i.w.S.) feministischen Kreisen ist oft die Vorstellung anzutreffen, die Frauen tendenziell als Träger der Emanzipation und die Männer eher als Repräsentanten traditioneller, repressiver Beziehungsmuster zu betrachten. Das mag auf der gesellschaftspolitischen Ebene, wo es um bewusste Werthaltungen geht, vielleicht auch stimmen. Was hingegen die Erziehung der Kinder betrifft, ist die Dominanz der Frauen in Kindergarten, Schule und Familie, zusammen mit der Entbehrung des Vaters wohl der bedeutsamste konservative Faktor. Kinder, die mit Mutter und Vater aufwachsen konnten – das geht natürlich auch trotz Scheidung oder Trennung der Eltern14 – haben eine größere Chance, auf eine „weiblich-männlich“ ausgeglichene Persönlichkeit, eine bessere narzisstische Ausstattung (Selbstvertrauen), größere Chancen auf einen gelingenden Bildungsweg: So bringen sie auch am ehesten die psychischen Voraussetzungen mit, emanzipatorische gesellschaftspolitische Einstellungen – die auf bewusster Ebene heute ja von den meisten Jugendlichen geteilt werden – auch in eine neue Art gelebter Mann-Frau-Beziehungen umzusetzen, die dann mehr Befriedigung schenken und besser funktionieren können – was schließlich einen bedeutsamen Mosaikstein dessen, was wir als „Glück“ bezeichnen, ausmacht.

Die väterliche Objektbeziehung als Stärkung der progressiven Anteile des Heranwachsenden
Wir alle sind nicht zu jedem Zeitpunkt „gleich alt“ oder „gleich reif“: Sie mögen 7 Stunden im Beruf ihren ganzen Mann, ihre ganze Frau stellen, abends jedoch eine Schulter benötigen, an die Sie sich anlehnen können; Sie mögen sich Ihrer Fähigkeiten und Ihres Rechts gewiss sein, dann aber wieder darauf angewiesen sein, dass Ihnen jemand versichert, dass Sie nicht alles falsch gemacht haben; Sie können sich bereit fühlen, für Ihre Lieben gegen die ganze Welt zu kämpfen und dann wieder ganz glücklich sein, wenn man Ihnen die Pantoffel bringt, Ihnen etwas kocht oder schenkt, sie also verwöhnt.
Diese Hin- und Herpendeln zwischen „Pro-

14 Vgl. dazu H. Figdor (1991) und (1997), ferner ders., (2006a), Kap. 5: Trennung und Scheidung: Katastrophe oder Chance für die Kinder und der., (2006b), Kap. 4: Worauf soll man bei Trennung und Scheidung besonders achten?

gression“ und „Regression“ ist bei Kindern noch viel auffälliger ausgeprägt. Was bei Kindern jedoch dazukommt ist, dass ihre progressiven und regressiven Anteile nicht nur zeit-, situations- und stimmungsabhängig, sondern auch davon abhängig sind, mit welchem seiner Elternteile das Kind gerade in Beziehung steht: Geht man von der für unsere Gesellschaft typischen Rollenverteilung aus, bleibt die Mutter (als erstes Liebesobjekt) auf der Ebene der unbewussten Erwartungen ein Leben lang eine „Brust“, die dazu da ist, zu geben und zu nähren, während der Vater – als „Insel“ (Sie erinnern sich!) – für die Welt da draußen, die es zu erobern gilt, steht. Aus diesem Grund tun sich Mütter zumeist schwerer als Väter, Grenzen durchzusetzen, vom Kind etwas zu verlangen, es dazu zu bringen, Trennung und Alleinbleiben zu akzeptieren, es zum Lernen und Hausübung-Machen zu motivieren, es mit Vernunftgründen zu Verhaltensänderungen zu bewegen usw. Die Kinder sind bei der Mutter weinerlicher, beim Vater mutiger; bei der Mutter trotziger, beim Vater kooperativer; bei der Mutter emotionaler, beim Vater vernünftiger. Das ist normal und keineswegs in erster Linie eine Sache „pädagogischen Geschicks“!

Nun ist es ja so, dass Beziehungen nicht zu Ende sind, wenn die betreffende Person abwesend ist. Wenn Sie unter Ihrem engstirnigen oder ungerechten Chef leiden, wird es Sie stärken, wenn Sie sich vorstellen, abends, gemeinsam mit Ihrem Partner, Ihrer Partnerin über ihn schimpfen oder lachen zu können. Und bei Mara haben wir gesehen, wie die Beziehung zu ihrem Vater wirkt, obwohl sie gerade nur mit der Mutter zusammen ist. Hält man sich das vor Augen, wird klar, wie sehr sich die mütterliche und väterliche Objektbeziehung ergänzen und kompensieren. Es gibt eine Art Fernwirkung der die progressiven Tendenzen des Kindes fördernden Vaterbeziehung auch dann, wenn das Kind bei der Mutter ist, und eine ebensolche Fernwirkung der zur Regression einladenden Mutterbeziehung, wenn das Kind beim Vater ist. Das heißt, das Kind wird bei der Mutter, zumindest hin und wieder, auch ein wenig vernünftig sein können, wenn es (bewusst oder unbewusst) an seinen Vater denkt. Und es wird sich, zumindest hin und wieder, auch beim Vater trauen, Gefühle zu zeigen und aufzubegehren. Fehlt hingegen einer der beiden Elternteile als emotional verfügbares Objekt, als selbstverständlicher Teil der Welt, drohen auch die zugehörigen Selbstanteile verloren zu gehen oder zu kurz zu kommen.

Ein Alter, in dem solche Einseitigkeiten typischerweise sichtbar werden, ist die Pubertät. Wenn ich z.B. von einer Mutter Klagen höre, dass ihre 13 oder 14jährige Tochter oder ihr ebenso alter Sohn nichts für die Schule lernt, keine Hausübungen macht, disziplinär auffällig
ist, keinerlei Grenzen akzeptiert, nur mit (zumeist älteren) Freunden herumhängt, abends nicht nach Hause kommt, ist meine erste Assoziation – wie früher beim vierjährigen Ricki –, dass dem/der Jugendlichen wahrscheinlich der Vater fehlt – real oder als aktiver und erreichbarer Teil des Lebens.

Und wie bei Ricki habe ich auch hier meistens recht, allerdings liegt die „Trefferquote“ noch höher: Es stimmt fast immer! Warum? Ich denke, die Antwort fällt nach dem bisher Gesagten nicht mehr allzu schwer: Schule und Leistung wird von diesen Jugendlichen als Teil der mütterlichen Anforderungen erlebt, weshalb die regressiven Widerstände gegen die Mutter, die im Unbewussten des Heranwachsenden „doch geben und nicht fordern sollte“, auf Lehrer, Schule, ja auf die Erwachsenenwelt überhaupt übertragen werden, während die Befriedigung der progressiven Bedürfnisse – etwas zu können, unabhängig zu sein, soziale und sexuelle Anerkennung zu gewinnen – ausschließlich außerhalb des (mütterlichen) Systems Familie-Schule und in Opposition zu ihm gesucht wird.

Aber nicht nur das: Die permanenten Konflikte mit der Mutter bringen unter Umständen mit sich, dass der/die Jugendliche auch „einen Teil seiner Mutter“ verliert, nämlich jenen immer noch wichtigen Ort, an dem man sich zu Hause, verwöhnt und geborgen fühlen kann. Wird aber bei den gleichaltrigen oder älteren Freunden unbewusst auch die verlorene Mutter gesucht, ist er oder sie in hohem Ausmaß gefährdet, weil von der Zuwendung der Gruppe abhängig. Dann kann es passieren, dass Vernunft oder Gewissen kapitulieren, nur um nicht ausgeschlossen zu werden. Solche Jugendliche werden dann höchst anfällig, in kriminelle oder antisoziale Kreise, in eine Drogenszene oder in die Fänge obskurer Interessensgemeinschaften oder Sekten zu geraten.

IV.
Es wird Zeit, dass ich nicht nur Sie auffordere, sich in das Fühlen und Denken der Kinder einzufühlen, sondern auch ich mich wieder der Frage zuwende, was meine Ausführungen bei Ihnen an Gefühlen und Gedanken ausgelöst haben könnten. Ich hatte Sie zu Beginn meines Vortrages eingeladen, die eventuell auftauchende Frage „Habe ich es richtig gemacht?“ bzw. „Was habe ich falsch gemacht?“ durch die Frage „Was wäre sinnvoll, in Zukunft zu tun bzw. zu verändern?“ zu ersetzen. Wenn ich mir nun vorstelle, ich würde nicht hier vorne als Referent stehen, sondern hätte mein Plädoyer für eine intensive Kind-Vater-Beziehung als Zuhörerin, als betroffene Mutter, verfolgt, kommen mir sofort drei Einwände, oder vielleicht besser: drei skeptische, kritische Fragen in den Sinn:

1. Verliert nicht das Plädoyer für eine fortgesetzte und möglichst intensive Vater-KindBeziehung seine Gültigkeit, wenn vom Vater nachgewiesenermaßen Gefährdungen oder schlechte Einflüsse ausgehen, z.B. Gewalt, Gefahr sexuellen Missbrauchs, charakterliche Defizite, divergierender Erziehungsstil (der das Kind dann hin- und herreißt und verunsichert)?
2. Was tue ich als Mutter, wenn der Vater nicht mitspielt, also seinerseits an einer solchen intensiven Beziehung nicht interessiert zu sein scheint oder gar aus dem Leben der Kinder verschwunden ist? Beide Fragen laufen auf eine dritte Frage hinaus:
3. Was hier über die entwicklungspsychologische Bedeutung des Vaters gesagt wurde, mag ja durchaus stimmen. Aber muss diese Funktion unbedingt der leibliche Vater einnehmen? Könnten nicht andere männliche Bezugspersonen, zu denen das Kind eine enge Beziehung unterhält, wie etwa Großväter oder Stiefväter, das Gleiche bieten wie (in einer intakten Kernfamilie) der Vater? Wäre das nicht in vielen Fällen sogar die bessere Lösung?
Wenn ich mir andererseits vorstelle, ich wäre einer der – hier doch bemerkenswert zahlreichen – Väter, würden mir vielleicht folgende Fragen durch den Kopf gehen:
4. Ich würde ja gerne ein solcher Vater sein, aber die Mutter verhindert es. Soll ich mich zurückziehen oder weiter um mein Recht, das Kind zu sehen, und um das Recht des Kindes, einen Vater zu haben, kämpfen?
5. Schließlich: Was soll ich tun, wenn ich den Kontakt zu meinem Kind völlig verloren habe? Gibt es irgendetwas, was ich noch für mein Kind tun kann?

Ich hatte eigentlich die Absicht, der Besprechung dieser Fragen einen größeren Raum zu geben. Allerdings habe ich meinen Zeitrahmen schon fast erschöpft, und muss mich mit ein paar Hinweisen begnügen15.

Lässt sich der leibliche Vater ersetzen?
Die Antwort lautet: Ja und Nein! Männliche Bezugspersonen wie Großväter kommen als männliche Identifizierungs- und Liebesobjekte durchaus in Frage. Wenn der Großvater aber nicht im selben Haushalt lebt, vermag er in den ersten drei Lebensjahren kaum als Triangulie-rungsobjekt dienen, weil dafür das Kind die regelmäßige gleichzeitige Anwesenheit von zwei Erwachsenen benötigt. Diese Funktion könnte allerdings ein Stiefvater, zu dem das Kind eine

15 In meinem 2007 Buch Patient Scheidungsfamilie gehe ich auf diese Fragen ausführlicher ein.

sichere und gute Beziehung aufgebaut hat, erfüllen. Weder Großvater noch Stiefvater können hingegen die Enttäuschung und den Trennungsschmerz, den ein Kind in der Beziehung zum Vater erlebt, ungeschehen machen. Und das betrifft den ganzen Bereich des sexuellen und narzisstischen Identitätsgefühls. Funktionen lassen sich vielleicht ersetzen. Liebesobjekte können weder wir Erwachsene und erst recht nicht die Kinder einfach austauschen.

Aber ist ein solcher Austausch nicht unerlässlich, wenn ich als Mutter gar nicht will, dass sich mein Sohn mit dem, was er am Vater wahrnimmt, identifiziert; ich gar nicht will, dass sich meine Tochter von „solch einem Mann“ geliebt erlebt und gespiegelt wird, wenn diese Beziehung möglicherweise sogar gefährlich ist? Wenn dem so ist, ist es für Sie als Mutter und möglicherweise für das Kind schlimm.

Nur: Zu hoffen, dass mit der Beendigung der realen Beziehung der Einfluss des Vaters zu Ende sei, wäre ein großer psychologischer Irrtum. Das Gegenteil ist der Fall: Wenn ich als Kind keine realen Erfahrungen mehr machen kann, bleibt mein gegenwärtiges Bild vom Vater und mit ihm jener Teil meines Selbstbildes, das mit dem Vater (über dessen Spiegelfunktion) verknüpft ist, unbewusst mein ganzes Leben lang lebendig.

Für immer trage ich dann in mir
• einen Vater zu haben, der nichts wert, ein böser oder verachtenswerter Mensch ist, für den man sich schämen muss. Was aber noch schlimmer ist: vielleicht trage ich seine Eigenschaften in mir und bin ebenso wertlos und werde dann von der Mutter verlassen. Jeder Streit mit der Mutter, jede Kritik aktiviert bewusst oder unbewusst diese Phantasie;
• einen Vater (gehabt) zu haben, der mir, seinem Kind, das ihm restlos vertraute, Gewalt angetan hat; oder der mich verlassen hat, wo ich doch an seiner Liebe nicht zweifelte usw.
• ein Mensch zu sein, dem andere, selbst die, die man liebt, Gewalt antun; ein Mensch zu sein, der verlassen wird, nicht liebenswert genug ist usw.

Je älter und reifer ein Kind wird, desto eher ist es in der Lage, diese Vater- und Selbstbilder zu differenzieren: dass der Vater nicht nur aus bösen Eigenschaften besteht; dass er zwar weg ist , aber mich (auf seine Art) dennoch liebt. Und vor allem: dass all das mit mir als Kind nichts zu tun hat, ich nicht schuld bin. Eine solche Differenzierung ist aber nur innerhalb einer lebendigen Auseinandersetzung möglich, und sei es – bei Vorliegen realer Gefahren – über Einrichtungen wie „Besuchsbegleitung“ bzw. „Begleiteter Umgang“. Verfallen die einseitig-„bösen“ Bilder hingegen der Verdrängung, können sie sich nicht verändern.

Im Gegenteil: Je verdrängter diese Vorstellungen sind, desto größer ist paradoxerweise die Gefahr, dass sich die Kinder unbewusst damit identifizieren. Es gibt nur einen einzigen Grund, warum man ein Kind von seinem Vater fernhalten sollte: wenn dieser aufgrund einer schweren psychischen Pathologie seinem Kind ausschließlich Erlebnisse beschert, abgelehnt, unerwünscht oder gehasst zu sein. Das aber ist nur ganz, ganz selten der Fall.

Mit anderen Worten: Selbst unvollkommene oder auch in gewissen Bereichen pädagogisch schädliche Väter lassen sich – ebenso wenig wie solche Mütter – austauschen. Mit einem solchen Versuch nimmt man dem Kind lediglich die Chance, dass diese problematischen Einflüsse im Zuge seines Reiferwerdens an Bedeutung verlieren. Ist eine Beziehung gar nicht möglich, z.B. weil der Vater seinerseits verschwunden ist, bleibt nur zweierlei: Alles versuchen, um einen (Neu-) Anfang zu ermöglichen, und wenn auch das nicht geht, den Vater bzw. die Erinnerung an ihn dem Kind gegenüber durch Geschichten aus der Vergangenheit und (wenn vorhanden) durch Fotografien „am Leben erhalten“ und dem Kind Erklärungen für seine Abwesenheit zur Verfügung stellen, die ihm ermöglichen, zumindest ein ambivalentes, also aus negativen wie auch guten Elementen zusammengesetztes, Bild zu entwickeln.

Was tun, wenn die Kinder verloren zu gehen drohen oder schon verloren sind?
Ein trauriges Kapitel, das ich mir da als Schlusswort ausgesucht habe. Denn für diese Väter scheint das Motto, unter welchen ich meinen Vortrag zu Beginn stellte – „Was sollte ich in Zukunft verändern?“ – nicht zu gelten, weil sie sich gegenüber den Müttern, manchmal auch den Kindern, die sie ablehnen, oder den Gerichten in einer Position der Ohnmacht erleben. Und traurig auch deshalb, weil ich Ihnen kaum etwas zu bieten habe außer den schwachen Trost, dass Ihre Einschätzung, dass Sie als Väter für Ihre Kinder wichtig wären, heute von mir bestätigt wurde. Und über die Möglichkeiten, die die Gesellschaft bereithält – Familientherapie, Erziehungsberatung, Mediation oder der neuerliche Gang zum Gericht – brauche ich Sie nicht aufzuklären: Das haben Sie aller Voraussicht nach bereits alles hinter sich.

Aber vielleicht gibt es für manche von Ihnen doch einen kleinen Hoffnungsschimmer, etwas, worüber Sie sich möglicherweise noch nicht genügend Gedanken gemacht haben, mithin einen Bereich, in dem Sie noch nicht alle Chancen, von Ihrer Seite her eine Veränderung zu initiieren, genützt haben: Ich habe im Laufe der Jahre viele Mütter kennen gelernt, die – mehr oder weniger aktiv – die Beziehung ihrer Kinder zum Vater ablehnten, zu minimieren versuchten oder gar verhinderten.

Fast alle von ihnen taten das aus zwei Gründen:
• weil sie im Zusammenhang mit der Trennung schwere emotionale Verletzungen davongetragen hatten, sich als Frau gekränkt, als Mutter im Stich gelassen fühlten und aus Stolz oder psychischem Selbsterhaltungstrieb ihrem Hass freien Lauf ließen;
• und/oder weil sie zu große Angst haben, das Kind an den Vater zu verlieren – emotional oder gar real (Entführung).

Versuchen Sie einmal – trotz des Hasses, der möglicherweise inzwischen auch von Ihnen Besitz genommen hat – die Geschichte Ihrer Trennung aus der Perspektive Ihrer früheren Frau zu betrachten, sich in sie einzufühlen. Vielleicht entdecken Sie dann etwas, was diese möglicherweise besänftigen oder ihr ihre Angst nehmen könnte. Mir ist klar, dass das von vielen Vätern, die selbst inzwischen psychisch schwer verletzt sind, einen emotionalen Kraftakt verlangt. Darum sollte man sich auch nicht scheuen, dafür die Unterstützung einer Beraterin oder eines Beraters in Anspruch zu nehmen. Es kommt vor, dass auch diese letzte Anstrengung nicht hilft. Sehr oft aber hat dieses aktive Bemühen um Versöhnung mit der Frau weit mehr Erfolg, als sie immer nur als (verantwortungslose) Mutter zu kritisieren oder zu beschimpfen.

Lese-Empfehlungen:
Helmuth Figdor (1991), Kinder aus geschiedenen Ehen. Zwischen Trauma und Hoffnung, Gießen, Psychosozial-Verlag, Neuauflage 2004.
Helmuth Figdor (1997), Scheidungskinder. Wege der Hilfe, Gießen, Psychosozial-Verlag, 4. Auflage 2003.
Helmuth Figdor (2006a): Praxis der psychoana-lytischen Pädagogik I, Vorträge und Aufsätze 2006 199 Seiten 19,90 Euro ISBN: 3-89806-511-1 ISBN: 978-3-89806-511-5;
Helmuth Figdor (2006b): Praxis der psychoana-lytischen Pädagogik II, Vorträge und Aufsätze Oktober 2006 ca. 250 Seiten 24,90 Euro ISBN: 3-89806-559-6 ISBN: 978-3-89806-559-7.
Vgl. auch den Beitrag von Helmuth Figdor im Internet, Wege der Hilfe im Online-Familienhandbuch, www.familienhandbuch.de.
Anschrift des Verfassers:
Universitäts-Dozent Dr. Helmuth Figdor
Mariahilferstr. 53/15, A-1060 Wien / Österreich
Tel. 0043-1-5868566.

Freitag, 7. September 2007

Is There Anything Good About Men?

American Psychological Association, Invited Address, 2007
Media Transcript Full Version

Is There Anything Good About Men?

Roy F. Baumeister

Contact: R. Baumeister, Eppes Eminent Professor of Psychology & Head of Social Psychology Area, Florida State University, Tallahassee, FL 32306, Baumeister@psy.fsu.edu, phone 850-264-8792. Note, I will be out of the country July 3-31 except for the night of July 17-18.



You’re probably thinking that a talk called “Is there anything good about men” will be a short talk! Recent writings have not had much good to say about men. Titles like “Men Are Not Cost Effective” speak for themselves. Maureen Dowd’s book was called “Are Men Necessary?” and although she never gave an explicit answer, anyone reading the book knows her answer was no. Brizendine’s book “The Female Brain” introduces itself by saying, “Men, get ready to experience brain envy.” Imagine a book advertising itself by saying that women will soon be envying the superior male brain!

Nor are these isolated examples. Eagly’s research has compiled mountains of data on the stereotypes people have about men and women, which the researchers summarized as “The WAW effect.” WAW stands for “Women Are Wonderful.” Both men and women hold much more favorable views of women than of men. Almost everybody likes women better than men. I certainly do.

My purpose in this talk is not to try to balance this out by praising men, though along the way I will have various positive things to say about both genders. The question of whether there’s anything good about men is only my point of departure. The tentative title of the book I’m writing is “How culture exploits men,” but even that for me is the lead-in to grand questions about how culture shapes action. In that context, what’s good about men means what men are good for, from the perspective of the system.

Hence this is not about the “battle of the sexes,” and in fact I think one unfortunate legacy of feminism has been the idea that men and women are basically enemies. I shall suggest, instead, that most often men and women have been partners, supporting each other rather than exploiting or manipulating each other.

Nor is this about trying to argue that men should be regarded as victims. I detest the whole idea of competing to be victims. And I’m certainly not denying that culture has exploited women. But rather than seeing culture as patriarchy, which is to say a conspiracy by men to exploit women, I think it’s more accurate to understand culture (e.g., a country, a religion) as an abstract system that competes against rival systems — and that uses both men and women, often in different ways, to advance its cause.

Also I think it’s best to avoid value judgments as much as possible. They have made discussion of gender politics very difficult and sensitive, thereby warping the play of ideas. I have no conclusions to present about what’s good or bad or how the world should change. In fact my own theory is built around tradeoffs, so that whenever there is something good it is tied to something else that is bad, and they balance out.

I don’t want to be on anybody’s side. Gender warriors please go home.

Men on Top

When I say I am researching how culture exploits men, the first reaction is usually “How can you say culture exploits men, when men are in charge of everything?” This is a fair objection and needs to be taken seriously. It invokes the feminist critique of society. This critique started when some women systematically looked up at the top of society and saw men everywhere: most world rulers, presidents, prime ministers, most members of Congress and parliaments, most CEOs of major corporations, and so forth — these are mostly men.

Seeing all this, the feminists thought, wow, men dominate everything, so society is set up to favor men. It must be great to be a man.

The mistake in that way of thinking is to look only at the top. If one were to look downward to the bottom of society instead, one finds mostly men there too. Who’s in prison, all over the world, as criminals or political prisoners? The population on Death Row has never approached 51% female. Who’s homeless? Again, mostly men. Whom does society use for bad or dangerous jobs? US Department of Labor statistics report that 93% of the people killed on the job are men. Likewise, who gets killed in battle? Even in today’s American army, which has made much of integrating the sexes and putting women into combat, the risks aren’t equal. This year we passed the milestone of 3,000 deaths in Iraq, and of those, 2,938 were men, 62 were women.

One can imagine an ancient battle in which the enemy was driven off and the city saved, and the returning soldiers are showered with gold coins. An early feminist might protest that hey, all those men are getting gold coins, half of those coins should go to women. In principle, I agree. But remember, while the men you see are getting gold coins, there are other men you don’t see, who are still bleeding to death on the battlefield from spear wounds.

That’s an important first clue to how culture uses men. Culture has plenty of tradeoffs, in which it needs people to do dangerous or risky things, and so it offers big rewards to motivate people to take those risks. Most cultures have tended to use men for these high-risk, high-payoff slots much more than women. I shall propose there are important pragmatic reasons for this. The result is that some men reap big rewards while others have their lives ruined or even cut short. Most cultures shield their women from the risk and therefore also don’t give them the big rewards. I’m not saying this is what cultures ought to do, morally, but cultures aren’t moral beings. They do what they do for pragmatic reasons driven by competition against other systems and other groups.

Stereotypes at Harvard

I said that today most people hold more favorable stereotypes of women than men. It was not always thus. Up until about the 1960s, psychology (like society) tended to see men as the norm and women as the slightly inferior version. During the 1970s, there was a brief period of saying there were no real differences, just stereotypes. Only since about 1980 has the dominant view been that women are better and men are the inferior version.

The surprising thing to me is that it took little more than a decade to go from one view to its opposite, that is, from thinking men are better than women to thinking women are better than men. How is this possible?

I’m sure you’re expecting me to talk about Larry Summers at some point, so let’s get it over with! You recall, he was the president of Harvard. As summarized in The Economist, “Mr Summers infuriated the feminist establishment by wondering out loud whether the prejudice alone could explain the shortage of women at the top of science.” After initially saying, it’s possible that maybe there aren’t as many women physics professors at Harvard because there aren’t as many women as men with that high innate ability, just one possible explanation among others, he had to apologize, retract, promise huge sums of money, and not long afterward he resigned.

What was his crime? Nobody accused him of actually discriminating against women. His misdeed was to think thoughts that are not allowed to be thought, namely that there might be more men with high ability. The only permissible explanation for the lack of top women scientists is patriarchy — that men are conspiring to keep women down. It can’t be ability. Actually, there is some evidence that men on average are a little better at math, but let’s assume Summers was talking about general intelligence. People can point to plenty of data that the average IQ of adult men is about the same as the average for women. So to suggest that men are smarter than women is wrong. No wonder some women were offended.

But that’s not what he said. He said there were more men at the top levels of ability. That could still be true despite the average being the same — if there are also more men at the bottom of the distribution, more really stupid men than women. During the controversy about his remarks, I didn’t see anybody raise this question, but the data are there, indeed abundant, and they are indisputable. There are more males than females with really low IQs. Indeed, the pattern with mental retardation is the same as with genius, namely that as you go from mild to medium to extreme, the preponderance of males gets bigger.

All those retarded boys are not the handiwork of patriarchy. Men are not conspiring together to make each other’s sons mentally retarded.

Almost certainly, it is something biological and genetic. And my guess is that the greater proportion of men at both extremes of the IQ distribution is part of the same pattern. Nature rolls the dice with men more than women. Men go to extremes more than women. It’s true not just with IQ but also with other things, even height: The male distribution of height is flatter, with more really tall and really short men.

Again, there is a reason for this, to which I shall return.

For now, the point is that it explains how we can have opposite stereotypes. Men go to extremes more than women. Stereotypes are sustained by confirmation bias. Want to think men are better than women? Then look at the top, the heroes, the inventors, the philanthropists, and so on. Want to think women are better than men? Then look at the bottom, the criminals, the junkies, the losers.

In an important sense, men really are better AND worse than women.

A pattern of more men at both extremes can create all sorts of misleading conclusions and other statistical mischief. To illustrate, let’s assume that men and women are on average exactly equal in every relevant respect, but more men at both extremes. If you then measure things that are bounded at one end, it screws up the data to make men and women seem significantly different.

Consider grade point average in college. Thanks to grade inflation, most students now get A’s and B’s, but a few range all the way down to F. With that kind of low ceiling, the high-achieving males cannot pull up the male average, but the loser males will pull it down. The result will be that women will get higher average grades than men — again despite no difference in average quality of work.

The opposite result comes with salaries. There is a minimum wage but no maximum. Hence the high-achieving men can pull the male average up while the low-achieving ones can’t pull it down. The result? Men will get higher average salaries than women, even if there is no average difference on any relevant input.

Today, sure enough, women get higher college grades but lower salaries than men. There is much discussion about what all this means and what should be done about it. But as you see, both facts could be just a statistical quirk stemming from male extremity.

Trading Off

When you think about it, the idea that one gender is all-around better than the other is not very plausible. Why would nature make one gender better than the other? Evolution selects for good, favorable traits, and if there’s one good way to be, after a few generations everyone will be that way.

But evolution will preserve differences when there is a tradeoff: when one trait is good for one thing, while the opposite is good for something else.

Let’s return to the three main theories we’ve had about gender: Men are better, no difference, and women are better. What’s missing from that list? Different but equal. Let me propose that as a rival theory that deserves to be considered. I think it’s actually the most plausible one. Natural selection will preserve innate differences between men and women as long as the different traits are beneficial in different circumstances or for different tasks.

Tradeoff example: African-Americans suffer from sickle cell anemia more than white people. This appears to be due to a genetic vulnerability. That gene, however, promotes resistance to malaria. Black people evolved in regions where malaria was a major killer, so it was worth having this gene despite the increased risk of sickle cell anemia. White people evolved in colder regions, where there was less malaria, and so the tradeoff was resolved differently, more avoiding the gene that prevented malaria while risking sickle cell anemia.

The tradeoff approach yields a radical theory of gender equality. Men and women may be different, but each advantage may be linked to a disadvantage.

Hence whenever you hear a report that one gender is better at something, stop and consider why this is likely true — and what the opposite trait might be good for.

Can’t Vs. Won’t

Before we go too far down that path, though, let me raise another radical idea. Maybe the differences between the genders are more about motivation than ability. This is the difference between can’t and won’t.

Return for a moment to the Larry Summers issue about why there aren’t more female physics professors at Harvard. Maybe women can do math and science perfectly well but they just don’t like to. After all, most men don’t like math either! Of the small minority of people who do like math, there are probably more men than women. Research by Eccles has repeatedly concluded that the shortage of females in math and science reflects motivation more than ability. And by the same logic, I suspect most men could learn to change diapers and vacuum under the sofa perfectly well too, and if men don’t do those things, it’s because they don’t want to or don’t like to, not because they are constitutionally unable (much as they may occasionally pretend otherwise!).

Several recent works have questioned the whole idea of gender differences in abilities: Even when average differences are found, they tend to be extremely small. In contrast, when you look at what men and women want, what they like, there are genuine differences. Look at research on the sex drive: Men and women may have about equal “ability” in sex, whatever that means, but there are big differences as to motivation: which gender thinks about sex all the time, wants it more often, wants more different partners, risks more for sex, masturbates more, leaps at every opportunity, and so on. Our survey of published research found that pretty much every measure and every study showed higher sex drive in men. It’s official: men are hornier than women. This is a difference in motivation.

Likewise, I mentioned the salary difference, but it may have less to do with ability than motivation. High salaries come from working super-long hours. Workaholics are mostly men. (There are some women, just not as many as men.) One study counted that over 80% of the people who work 50-hour weeks are men.

That means that if we want to achieve our ideal of equal salaries for men and women, we may need to legislate the principle of equal pay for less work. Personally, I support that principle. But I recognize it’s a hard sell.

Creativity may be another example of gender difference in motivation rather than ability. The evidence presents a seeming paradox, because the tests of creativity generally show men and women scoring about the same, yet through history some men have been much more creative than women. An explanation that fits this pattern is that men and women have the same creative ability but different motivations.

I am a musician, and I’ve long wondered about this difference. We know from the classical music scene that women can play instruments beautifully, superbly, proficiently — essentially just as well as men. They can and many do. Yet in jazz, where the performer has to be creative while playing, there is a stunning imbalance: hardly any women improvise. Why? The ability is there but perhaps the motivation is less. They don’t feel driven to do it.

I suppose the stock explanation for any such difference is that women were not encouraged, or were not appreciated, or were discouraged from being creative. But I don’t think this stock explanation fits the facts very well. In the 19th century in America, middle-class girls and women played piano far more than men. Yet all that piano playing failed to result in any creative output. There were no great women composers, no new directions in style of music or how to play, or anything like that. All those female pianists entertained their families and their dinner guests but did not seem motivated to create anything new.

Meanwhile, at about the same time, black men in America created blues and then jazz, both of which changed the way the world experiences music. By any measure, those black men, mostly just emerging from slavery, were far more disadvantaged than the middle-class white women. Even getting their hands on a musical instrument must have been considerably harder. And remember, I’m saying that the creative abilities are probably about equal. But somehow the men were driven to create something new, more than the women.

One test of what’s meaningfully real is the marketplace. It’s hard to find anybody making money out of gender differences in abilities. But in motivation, there are plenty. Look at the magazine industry: men’s magazines cover different stuff from women’s magazines, because men and women like and enjoy and are interested in different things. Look at the difference in films between the men’s and women’s cable channels. Look at the difference in commercials for men or for women.


This brings us to an important part of the argument. I’m suggesting the important differences between men and women are to be found in motivation rather than ability. What, then, are these differences? I want to emphasize two.

The Most Underappreciated Fact

The first big, basic difference has to do with what I consider to be the most underappreciated fact about gender. Consider this question: What percent of our ancestors were women?

It’s not a trick question, and it’s not 50%. True, about half the people who ever lived were women, but that’s not the question. We’re asking about all the people who ever lived who have a descendant living today. Or, put another way, yes, every baby has both a mother and a father, but some of those parents had multiple children.

Recent research using DNA analysis answered this question about two years ago. Today’s human population is descended from twice as many women as men.

I think this difference is the single most underappreciated fact about gender. To get that kind of difference, you had to have something like, throughout the entire history of the human race, maybe 80% of women but only 40% of men reproduced.

Right now our field is having a lively debate about how much behavior can be explained by evolutionary theory. But if evolution explains anything at all, it explains things related to reproduction, because reproduction is at the heart of natural selection. Basically, the traits that were most effective for reproduction would be at the center of evolutionary psychology. It would be shocking if these vastly different reproductive odds for men and women failed to produce some personality differences.

For women throughout history (and prehistory), the odds of reproducing have been pretty good. Later in this talk we will ponder things like, why was it so rare for a hundred women to get together and build a ship and sail off to explore unknown regions, whereas men have fairly regularly done such things? But taking chances like that would be stupid, from the perspective of a biological organism seeking to reproduce. They might drown or be killed by savages or catch a disease. For women, the optimal thing to do is go along with the crowd, be nice, play it safe. The odds are good that men will come along and offer sex and you’ll be able to have babies. All that matters is choosing the best offer. We’re descended from women who played it safe.

For men, the outlook was radically different. If you go along with the crowd and play it safe, the odds are you won’t have children. Most men who ever lived did not have descendants who are alive today. Their lines were dead ends. Hence it was necessary to take chances, try new things, be creative, explore other possibilities. Sailing off into the unknown may be risky, and you might drown or be killed or whatever, but then again if you stay home you won’t reproduce anyway. We’re most descended from the type of men who made the risky voyage and managed to come back rich. In that case he would finally get a good chance to pass on his genes. We’re descended from men who took chances (and were lucky).

The huge difference in reproductive success very likely contributed to some personality differences, because different traits pointed the way to success. Women did best by minimizing risks, whereas the successful men were the ones who took chances. Ambition and competitive striving probably mattered more to male success (measured in offspring) than female. Creativity was probably more necessary, to help the individual man stand out in some way. Even the sex drive difference was relevant: For many men, there would be few chances to reproduce and so they had to be ready for every sexual opportunity. If a man said “not today, I have a headache,” he might miss his only chance.

Another crucial point. The danger of having no children is only one side of the male coin. Every child has a biological mother and father, and so if there were only half as many fathers as mothers among our ancestors, then some of those fathers had lots of children.

Look at it this way. Most women have only a few children, and hardly any have more than a dozen — but many fathers have had more than a few, and some men have actually had several dozen, even hundreds of kids.

In terms of the biological competition to produce offspring, then, men outnumbered women both among the losers and among the biggest winners.

To put this in more subjective terms: When I walk around and try to look at men and women as if seeing them for the first time, it’s hard to escape the impression (sorry, guys!) that women are simply more likeable and lovable than men. (This I think explains the “WAW effect” mentioned earlier.) Men might wish to be lovable, and men can and do manage to get women to love them (so the ability is there), but men have other priorities, other motivations. For women, being lovable was the key to attracting the best mate. For men, however, it was more a matter of beating out lots of other men even to have a chance for a mate.

Tradeoffs again: perhaps nature designed women to seek to be lovable, whereas men were designed to strive, mostly unsuccessfully, for greatness.

And it was worth it, even despite the “mostly unsuccessfully” part. Experts estimate Genghis Khan had several hundred and perhaps more than a thousand children. He took big risks and eventually conquered most of the known world. For him, the big risks led to huge payoffs in offspring. My point is that no woman, even if she conquered twice as much territory as Genghis Khan, could have had a thousand children. Striving for greatness in that sense offered the human female no such biological payoff. For the man, the possibility was there, and so the blood of Genghis Khan runs through a large segment of today’s human population. By definition, only a few men can achieve greatness, but for the few men who do, the gains have been real. And we are descended from those great men much more than from other men. Remember, most of the mediocre men left no descendants at all.

Are Women More Social?

Let me turn now to the second big motivational difference. This has its roots in an exchange in the Psychological Bulletin about ten years ago, but the issue is still fresh and relevant today. It concerns the question of whether women are more social than men.

The idea that women are more social was raised by Cross and Madsen in a manuscript submitted to that journal. I was sent it to review, and although I disagreed with their conclusion, I felt they had made their case well, so I advocated publishing their paper. They provided plenty of evidence. They said things like, look, men are more aggressive than women. Aggression could damage a relationship because if you hurt someone then that person might not want to be with you. Women refrain from aggression because they want relationships, but men don’t care about relationships and so are willing to be aggressive. Thus, the difference in aggression shows that women are more social than men.

But I had just published my early work on “the need to belong,” which concluded that both men and women had that need, and so I was worried to hear that men don’t care about social connection. I wrote a reply that said there was another way to look at all the evidence Cross and Madsen covered.

The gist of our view was that there are two different ways of being social. In social psychology we tend to emphasize close, intimate relationships, and yes, perhaps women specialize in those and are better at them than men. But one can also look at being social in terms of having larger networks of shallower relationships, and on these, perhaps, men are more social than women.

It’s like the common question, what’s more important to you, having a few close friendships or having lots of people who know you? Most people say the former is more important. But the large network of shallow relationships might be important too. We shouldn’t automatically see men as second-class human beings simply because they specialize in the less important, less satisfying kind of relationship. Men are social too — just in a different way.

So we reexamined the evidence Cross and Madsen had provided. Consider aggression. True, women are less aggressive than men, no argument there. But is it really because women don’t want to jeopardize a close relationship? It turns out that in close relationships, women are plenty aggressive. Women are if anything more likely than men to perpetrate domestic violence against romantic partners, everything from a slap in the face to assault with a deadly weapon. Women also do more child abuse than men, though that’s hard to untangle from the higher amount of time they spend with children. Still, you can’t say that women avoid violence toward intimate partners.

Instead, the difference is found in the broader social sphere. Women don’t hit strangers. The chances that a woman will, say, go to the mall and end up in a knife fight with another woman are vanishingly small, but there is more such risk for men. The gender difference in aggression is mainly found there, in the broader network of relationships. Because men care more about that network.

Now consider helping. Most research finds that men help more than women. Cross and Madsen struggled with that and eventually just fell back on the tired cliché that maybe women don’t help because they aren’t brought up to help or aren’t socialized to help. But I think the pattern is the same as with aggression. Most research looks at helping between strangers, in the larger social sphere, and so it finds men helping more. Inside the family, though, women are plenty helpful, if anything more than men.

Aggression and helping are in some ways opposites, so the converging pattern is quite meaningful. Women both help and aggress in the intimate sphere of close relationships, because that’s what they care about. In contrast, men care (also) about the broader network of shallower relationships, and so they are plenty helpful and aggressive there.

The same two-spheres conclusion is supported in plenty of other places. Playground observation studies find that girls pair off and play one-on-one with the same playmate for the full hour. Boys will either play one-on-one with a series of different playmates or with a larger group. Girls want the one-to-one relationship, whereas boys are drawn to bigger groups or networks.

When two girls are playing together and the researchers bring in a third one, the two girls resist letting her join. But two boys will let a third boy join their game. My point is that girls want the one-on-one connection, so adding a third person spoils the time for them, but it doesn’t spoil it for the boys.

The conclusion is that men and women are both social but in different ways. Women specialize in the narrow sphere of intimate relationships. Men specialize in the larger group. If you make a list of activities that are done in large groups, you are likely to have a list of things that men do and enjoy more than women: team sports, politics, large corporations, economic networks, and so forth.

Traded-Off Traits

Again, important personality differences probably follow from the basic motivational difference in the kind of social relationship that interests men and women.

Consider the common finding that women are more emotionally expressive than men. For an intimate relationship, good communication is helpful. It enables the two people to understand each other, appreciate each other’s feelings, and so forth. The more the two intimate partners know about each other, the better they can care for and support each other. But in a large group, where you have rivals and maybe enemies, it’s risky to let all your feelings show. The same goes for economic transactions. When you are negotiating the price of something, it’s best to keep your feelings a bit to yourself. And so men hold back more.

Fairness is another example. Research by Major and others back in the 1970s used procedures like this. A group of subjects would perform a task, and the experimenter would then say that the group had earned a certain amount of money, and it was up to one member to divide it up however he or she wanted. The person could keep all the money, but that wasn’t usually what happened. Women would divide the money equally, with an equal share for everybody. Men, in contrast, would divide it unequally, giving the biggest share of reward to whoever had done the most work.

Which is better? Neither. Both equality and equity are valid versions of fairness. But they show the different social sphere orientation. Equality is better for close relationships, when people take care of each other and reciprocate things and divide resources and opportunities equally. In contrast, equity — giving bigger rewards for bigger contributions — is more effective in large groups. I haven’t actually checked, but I’m willing to bet that if you surveyed the Fortune 500 large and successful corporations in America, you wouldn’t find a single one out of 500 that pays every employee the same salary. The more valuable workers who contribute more generally get paid more. It simply is a more effective system in large groups. The male pattern is suited for the large groups, the female pattern is best suited to intimate pairs.

Ditto for the communal-exchange difference Women have more communal orientation, men more exchange. In psychology we tend to think of communal as a more advanced form of relationship than exchange. For example, we’d be suspicious of a couple who after ten years of marriage are still saying, “I paid the electric bill last month, now it’s your turn.” But the supposed superiority of communal relationships applies mainly to intimate relationships. At the level of large social systems, it’s the other way around. Communal (including communist) countries remain primitive and poor, whereas the rich, advanced nations have gotten where they are by means of economic exchange.

There’s also the point about men being more competitive, women more cooperative. Again, though, cooperation is much more useful than competition for close relationships. What use is there in competing against your spouse? But in large groups, getting to the top can be crucial. The male preference for dominance hierarchies, and the ambitious striving to get to the top, likewise reflect an orientation toward the large group, not a dislike of intimacy. And remember, most men didn’t reproduce, and we’re mainly descended from the men who did fight their way to the top. Not so for women.

One more thing. Cross and Madsen covered plenty of research showing that men think of themselves based on their unusual traits that set them apart from others, while women’s self-concepts feature things that connect them to others. Cross and Madsen thought that this was because men wanted to be apart from others. But in fact being different is vital strategy for belonging to a large group. If you’re the only group member who can kill an antelope or find water or talk to the gods or kick a field goal, the group can’t afford to get rid of you.

It’s different in a one-to-one relationship. A woman’s husband, and her baby, will love her even if she doesn’t play the trombone. So cultivating a unique skill isn’t essential for her. But playing the trombone is a way to get into some groups, especially brass bands. This is another reason that men go to extremes more than women. Large groups foster the need to establish something different and special about yourself.

Benefits of Cultural Systems

Let’s turn now to culture. Culture is relatively new in evolution. It continues the line of evolution that made animals social. I understand culture as a kind of system that enables the human group to work together effectively, using information. Culture is a new, improved way of being social.

Feminism has taught us to see culture as men against women. Instead, I think the evidence indicates that culture emerged mainly with men and women working together, but working against other groups of men and women. Often the most intense and productive competitions were groups of men against other groups of men, though both groups depended on support from women.

Culture enables the group to be more than the sum of its parts (its members). Culture can be seen as a biological strategy. Twenty people who work together, in a cultural system, sharing information and dividing up tasks and so forth, will all live better — survive and reproduce better — than if those same twenty people lived in the same forest but did everything individually.

Culture thus provides some benefit from having a system. Let’s call this “system gain,” which means how much better the group does because of the system. Think of two soccer teams. Both sets of players know the rules and have the same individual skills. One group has only that, and they go out to play as individuals trying to do their best. The other works as a team, complementing each other, playing with a system. The system will likely enable them to do better than the group playing as separate individuals. That’s system gain.

And one vital fact is that the scope of system gain increases with the size of the system. This is essentially what’s happening in the world right now, globalization in the world economy. Bigger systems provide more benefits, so as we expand and merge more units into bigger systems, overall there is more gain.

There is one crucial implication from all this. Culture depends on system gain, and bigger systems provide more of this. Therefore, you’ll get more of the benefit of culture from large groups than from small ones. A one-on-one close relationship can do a little in terms of division of labor and sharing information, but a 20-person group can do much more.

As a result, culture mainly arose in the types of social relationships favored by men. Women favor close, intimate relationships. These are if anything more important for the survival of the species. That’s why human women evolved first. We need those close relationships to survive. The large networks of shallower relationships aren’t as vital for survival — but they are good for something else, namely the development of larger social systems and ultimately for culture.

Men and Culture

This provides a new basis for understanding gender politics and inequality.

The generally accepted view is that back in early human society, men and women were close to equal. Men and women had separate spheres and did different things, but both were respected. Often, women were gatherers and men were hunters. The total contribution to the group’s food was about the same, even though there were some complementary differences. For example, the gatherers’ food was reliably there most days, while the hunters brought home great food once in a while but nothing on other days.

Gender inequality seems to have increased with early civilization, including agriculture. Why? The feminist explanation has been that the men banded together to create patriarchy. This is essentially a conspiracy theory, and there is little or no evidence that it is true. Some argue that the men erased it from the history books in order to safeguard their newly won power. Still, the lack of evidence should be worrisome, especially since this same kind of conspiracy would have had to happen over and over, in group after group, all over the world.

Let me offer a different explanation. It’s not that the men pushed the women down. Rather, it’s just that the women’s sphere remained about where it was, while the men’s sphere, with its big and shallow social networks, slowly benefited from the progress of culture. By accumulating knowledge and improving the gains from division of labor, the men’s sphere gradually made progress.

Hence religion, literature, art, science, technology, military action, trade and economic marketplaces, political organization, medicine — these all mainly emerged from the men’s sphere. The women’s sphere did not produce such things, though it did other valuable things, like take care of the next generation so the species would continue to exist.

Why? It has nothing to do with men having better abilities or talents or anything like that. It comes mainly from the different kinds of social relationships. The women’s sphere consisted of women and therefore was organized on the basis of the kind of close, intimate, supportive one-on-one relationships that women favor. These are vital, satisfying relationships that contribute vitally to health and survival. Meanwhile the men favored the larger networks of shallower relationships. These are less satisfying and nurturing and so forth, but they do form a more fertile basis for the emergence of culture.

Note that all those things I listed — literature, art, science, etc — are optional. Women were doing what was vital for the survival of the species. Without intimate care and nurturance, children won’t survive, and the group will die out. Women contributed the necessities of life. Men’s contributions were more optional, luxuries perhaps. But culture is a powerful engine of making life better. Across many generations, culture can create large amounts of wealth, knowledge, and power. Culture did this — but mainly in the men’s sphere.

Thus, the reason for the emergence of gender inequality may have little to do with men pushing women down in some dubious patriarchal conspiracy. Rather, it came from the fact that wealth, knowledge, and power were created in the men’s sphere. This is what pushed the men’s sphere ahead. Not oppression.

Giving birth is a revealing example. What could be more feminine than giving birth? Throughout most of history and prehistory, giving birth was at the center of the women’s sphere, and men were totally excluded. Men were rarely or never present at childbirth, nor was the knowledge about birthing even shared with them. But not very long ago, men were finally allowed to get involved, and the men were able to figure out ways to make childbirth safer for both mother and baby. Think of it: the most quintessentially female activity, and yet the men were able to improve on it in ways the women had not discovered for thousands and thousands of years.

Let’s not overstate. The women had after all managed childbirth pretty well for all those centuries. The species had survived, which is the bottom line. The women had managed to get the essential job done. What the men added was, from the perspective of the group or species at least, optional, a bonus: some mothers and babies survived who would otherwise have died. Still, the improvements show some value coming from the male way of being social. Large networks can collect and accumulate information better than small ones, and so in a relatively short time the men were able to discover improvements that the women hadn’t been able to find. Again, it’s not that the men were smarter or more capable. It’s just that the women shared their knowledge individually, from mother to daughter, or from one midwife to another, and in the long run this could not accumulate and progress as effectively as in the larger groups of shallower relationships favored by men.

What Men Are Good For

With that, we can now return to the question of what men are good for, from the perspective of a cultural system. The context is these systems competing against other systems, group against group. The group systems that used their men and women most effectively would enable their groups to outperform their rivals and enemies.

I want to emphasize three main answers for how culture uses men.

First, culture relies on men to create the large social structures that comprise it. Our society is made up of institutions such as universities, governments, corporations. Most of these were founded and built up by men. Again, this probably had less to do with women being oppressed or whatever and more to do with men being motivated to form large networks of shallow relationships. Men are much more interested than women in forming large groups and working in them and rising to the top in them.

This still seems to be true today. Several recent news articles have called attention to the fact that women now start more small businesses then men. This is usually covered in the media as a positive sign about women, which it is. But women predominate only if you count all businesses. If you restrict the criteria to businesses that employ more than one person, or ones that make enough money to live off of, then men create more. I suspect that the bigger the group you look at, the more they are male-created.

Certainly today anybody of any gender can start a business, and if anything there are some set-asides and advantages to help women do so. There are no hidden obstacles or blocks, and that’s shown by the fact that women start more businesses than men. But the women are content to stay small, such as operating a part-time business out of the spare bedroom, making a little extra money for the family. They don’t seem driven to build these up into giant corporations. There are some exceptions, of course, but there is a big difference on average.

Hence both men and women rely on men to create the giant social structures that offer opportunities to both. And it is clear men and women can both perform quite well in these organizations. But culture still relies mainly on men to make them in the first place.

The Disposable Male

A second thing that makes men useful to culture is what I call male expendability. This goes back to what I said at the outset, that cultures tend to use men for the high-risk, high-payoff undertakings, where a significant portion of those will suffer bad outcomes ranging from having their time wasted, all the way to being killed.

Any man who reads the newspapers will encounter the phrase “even women and children” a couple times a month, usually about being killed. The literal meaning of this phrase is that men’s lives have less value than other people’s lives. The idea is usually “It’s bad if people are killed, but it’s especially bad if women and children are killed.” And I think most men know that in an emergency, if there are women and children present, he will be expected to lay down his life without argument or complaint so that the others can survive. On the Titanic, the richest men had a lower survival rate (34%) than the poorest women (46%) (though that’s not how it looked in the movie). That in itself is remarkable. The rich, powerful, and successful men, the movers and shakers, supposedly the ones that the culture is all set up to favor — in a pinch, their lives were valued less than those of women with hardly any money or power or status. The too-few seats in the lifeboats went to the women who weren’t even ladies, instead of to those patriarchs.

Most cultures have had the same attitude. Why? There are pragmatic reasons. When a cultural group competes against other groups, in general, the larger group tends to win out in the long run. Hence most cultures have promoted population growth. And that depends on women. To maximize reproduction, a culture needs all the wombs it can get, but a few penises can do the job. There is usually a penile surplus. If a group loses half its men, the next generation can still be full-sized. But if it loses half its women, the size of the next generation will be severely curtailed. Hence most cultures keep their women out of harm’s way while using men for risky jobs.

These risky jobs extend beyond the battlefield. Many lines of endeavor require some lives to be wasted. Exploration, for example: a culture may send out dozens of parties, and some will get lost or be killed, while others bring back riches and opportunities. Research is somewhat the same way: There may be a dozen possible theories about some problem, only one of which is correct, so the people testing the eleven wrong theories will end up wasting their time and ruining their careers, in contrast to the lucky one who gets the Nobel prize. And of course the dangerous jobs. When the scandals broke about the dangers of the mining industry in Britain, Parliament passed the mining laws that prohibited children under the age of 10 and women of all ages from being sent into the mines. Women and children were too precious to be exposed to death in the mines: so only men. As I said earlier, the gender gap in dangerous work persists today, with men accounting for the vast majority of deaths on the job.

Another basis of male expendability is built into the different ways of being social. Expendability comes with the large groups that male sociality creates. In an intimate, one-to-one relationship, neither person can really be replaced. You can remarry if your spouse dies, but it isn’t really the same marriage or relationship. And of course nobody can ever really replace a child’s mother or father.

In contrast, large groups can and do replace just about everybody. Take any large organization — the Ford Motor Company, the U.S. Army, the Green Bay Packers — and you’ll find that the organization goes on despite having replaced every single person in it. Moreover, every member off those groups knows he or she can be replaced and probably will be replaced some day.

Thus, men create the kind of social networks where individuals are replaceable and expendable. Women favor the kind of relationships in which each person is precious and cannot truly be replaced.

Earning Manhood

The phrase “Be a man” is not as common as it once was, but there is still some sense that manhood must be earned. Every adult female is a woman and is entitled to respect as such, but many cultures withhold respect from the males until and unless the lads prove themselves. This is of course tremendously useful for the culture, because it can set the terms by which males earn respect as men, and in that way it can motivate the men to do things that the culture finds productive.

Some sociological writings about the male role have emphasized that to be a man, you have to produce more than you consume. That is, men are expected, first, to provide for themselves: If somebody else provides for you, you’re less than a man. Second, the man should create some additional wealth or surplus value so that it can provide for others in addition to himself. These can be his wife and children, or others who depend on him, or his subordinates, or even perhaps just paying taxes that the government can use. Regardless, you’re not a man unless you produce at that level.

Again, I’m not saying men have it worse than women. There are plenty of problems and disadvantages that cultures put on women. My point is just that cultures find men useful in these very specific ways. Requiring the man to earn respect by producing wealth and value that can support himself and others is one of these. Women do not face this particular challenge or requirement.

These demands also contribute to various male behavior patterns. The ambition, competition, and striving for greatness may well be linked to this requirement to fight for respect. All-male groups tend to be marked by putdowns and other practices that remind everybody that there is NOT enough respect to go around, because this awareness motivates each man to try harder to earn respect. This, incidentally, has probably been a major source of friction as women have moved into the workplace, and organizations have had to shift toward policies that everyone is entitled to respect. The men hadn’t originally built them to respect everybody.

One of the basic, most widely accepted gender differences is agency versus communion. Male agency may be partly an adaptation to this kind of social life based on larger groups, where people aren’t necessarily valued and one has to strive for respect. To succeed in the male social sphere of large groups, you need an active, agentic self to fight for your place, because it isn’t given to you and only a few will be successful. Even the male ego, with its concern with proving oneself and competing against others, seems likely to be designed to cope with systems where there is a shortage of respect and you have to work hard to get some — or else you’ll be exposed to humiliation.

Is That All?

I have not exhausted all the ways that culture exploits men. Certainly there are others. The male sex drive can be harnessed to motivate all sorts of behaviors and put to work in a kind of economic marketplace in which men give women other resources (love, money, commitment) in exchange for sex.

Cultures also use individual men for symbolic purposes more than women. This can be in a positive way, such as the fact that cultures give elaborate funerals and other memorials to men who seem to embody its favorite values. It can also be negative, such as when cultures ruin a man’s career, shame him publicly, or even execute him for a single act that violates one of its values. From Martin Luther King to Don Imus, our culture uses men as symbols for expressing its values. (Note neither of those two came out the better for it.)

Conclusion

To summarize my main points: A few lucky men are at the top of society and enjoy the culture’s best rewards. Others, less fortunate, have their lives chewed up by it. Culture uses both men and women, but most cultures use them in somewhat different ways. Most cultures see individual men as more expendable than individual women, and this difference is probably based on nature, in whose reproductive competition some men are the big losers and other men are the biggest winners. Hence it uses men for the many risky jobs it has.

Men go to extremes more than women, and this fits in well with culture using them to try out lots of different things, rewarding the winners and crushing the losers.

Culture is not about men against women. By and large, cultural progress emerged from groups of men working with and against other men. While women concentrated on the close relationships that enabled the species to survive, men created the bigger networks of shallow relationships, less necessary for survival but eventually enabling culture to flourish. The gradual creation of wealth, knowledge, and power in the men’s sphere was the source of gender inequality. Men created the big social structures that comprise society, and men still are mainly responsible for this, even though we now see that women can perform perfectly well in these large systems.

What seems to have worked best for cultures is to play off the men against each other, competing for respect and other rewards that end up distributed very unequally. Men have to prove themselves by producing things the society values. They have to prevail over rivals and enemies in cultural competitions, which is probably why they aren’t as lovable as women.

The essence of how culture uses men depends on a basic social insecurity. This insecurity is in fact social, existential, and biological. Built into the male role is the danger of not being good enough to be accepted and respected and even the danger of not being able to do well enough to create offspring.

The basic social insecurity of manhood is stressful for the men, and it is hardly surprising that so many men crack up or do evil or heroic things or die younger than women. But that insecurity is useful and productive for the culture, the system.

Again, I’m not saying it’s right, or fair, or proper. But it has worked. The cultures that have succeeded have used this formula, and that is one reason that they have succeeded instead of their rivals.